Die 38-Jährige aus Hövels hat sich in den letzten zwölf Jahren vor und hinter der Kamera einen Namen gemacht, begeistert dabei national und international.
Und dass trotz oder gerade wegen vermeintlicher Makel. Bei ihrer Arbeit immer im Fokus: Selbstliebe. Etwas, das sie lange gesucht, aber gefunden hat – ironischerweise in einer Branche, die nicht gerade für Toleranz und Vielfalt bekannt ist.
Ein Zufall folgt dem anderen
Silvanas Weg in die Modebranche war nicht geplant. Eigentlich wollte sie Medizin studieren. Sie macht ein Freiwilliges Soziales Jahr, arbeitet im Krankenhaus, sammelt Wartesemester und merkt aber, dass es nicht der richtige Weg ist. Also muss ein neuer Plan her: „Ich hatte immer kreative Ideen, die ich gerne mal umsetzen wollte. 2006 kaufte ich mir meine erste Kamera und habe alles fotografiert, was mir vor die Linse kam.“ Ein paar Wochen später war Otto Waalkes mit dem Cast des Films „7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug“ auf Kinotour. Silvana war vor Ort und hat Fotos gemacht. Sie wurde ins Backstage eingeladen, überzeugte Waalkes von ihrem Talent und kurzerhand begleitete sie die Tour als Fotografin. „Otto ist schuld daran, dass ich Fotografin geworden bin“, lacht die 38-Jährige, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Sie studiert Fotodesign, macht sich nebenbei als Fotografin selbstständig. 2010 möchte eine Freundin an einem von Ulla Popken veranstalteten Modelcontest für große Größen teilnehmen und bittet Silvana darum, Fotos von ihr zu machen. Dabei kommt der Fotografin der Gedanke, selbst auch teilzunehmen. Sie schickt Fotos von sich ein und landet unter den sechs Finalistinnen. Am Ende gewinnt sie war nicht, wird aber kurze Zeit später von ihrer ersten Modelagentur unter Vertrag genommen.
Seitdem ist sie auf nationaler und internationaler Ebene als Curvy-Model tätig, steht für Firmen wie Ulla Popken, Zalando, Sheego, Doris Megger und vielen mehr vor der Kamera. Gerade erst im September machte sie die Straßen von New York unsicher, hat viel geshootet und die Fashion Week besucht. „Ich sollte eigentlich auch bei einer Show mitlaufen, aber ein paar Tage vorher hat mein Knie Probleme gemacht. Beim nächsten Mal klappt es hoffentlich.“
Sich nicht unterkriegen lassen
Was sich fast zu schön um wahr zu sein anhört, ist für Silvana Denker kein Spaziergang. Gesundheitliche und finanzielle Rückschläge machen ihr das Leben immer wieder schwer. Schon im Teenageralter fühlt sie sich nicht wohl in ihrem Körper, bekommt bei Modeljobs gesagt, sie sei mit Größe 38 zu dick. Sie entwickelt eine Essstörung, hat zwischenzeitlich mit Depressionen zu kämpfen. 2015 muss sie am Knie operiert werden, 2017 wird bei ihr eine chronische Darmerkrankung festgestellt. Außerdem müssen zwei Tumore aus ihrer Leber operativ entfernt werden. Das Endergebnis: eine große L-förmige Narbe auf ihrem Bauch und eine daraus resultierende schwache Auftragslage als Model. Hinzu kommt, dass aufgrund all dieser Geschehnisse ihr Gewicht ständig fluktuiert. Von Größe 38 bis 52 hat sie schon alles getragen, was den Job als Model nicht gerade erleichtert. Ihren Alltag erschweren außerdem Gallenkoliken, die sie aus dem Nichts aus der Bahn werfen.
Ihre Gesundheit erschwert ihr zum Teil die Arbeit, die Narbe schreckt zunächst Kunden ab. Sie steht kurz vor der Insolvenz. Eine Freundin startet damals unter anderem eine Crowdfunding-Kampagne, um Silvana zu helfen. „Es war eine harte Zeit, aber ich hadere mit nichts, denn ich kann es ja nicht ändern. Alles, was in meinem Leben passiert ist, hat mich am Ende zu der Person gemacht, die ich bin“, so die Westerwälderin.
Ihre Essstörung kann sie heute gut kontrollieren. Bei Bedarf, spricht sie mit einer Therapeutin. Ihre Narbe trägt sie mit Stolz, hat sie sogar von einer Tattoowiererin nachdunkeln lassen, damit sie immer gut zu sehen ist. „Heute werde ich genau wegen der Narbe gebucht, sie ist zu meinem Markenzeichen geworden“, freut sich Silvana, die mittlerweile mehr Anfragen von Unterwäschefirmen hat als zuvor.
Ein Zeichen setzen
Ihre Position als Curvy-Model und Fotografin setzt die 38-Jährige aber nicht nur für schöne Modestrecken ein. Ihr Aktivismus richtet sich beispielsweise gegen Schönheitsstandards sowie Diskriminierung jeglicher Art. Silvana Denker weiß selbst, wie es sich anfühlt, eine Außenseiterin zu sein. In der Schule wurde sie gemobbt, war anders als andere. Heute ist sie darauf stolz und durch die Arbeit als Curvy-Model hat sie sogar mehr Selbstbewusstsein bekommen, obwohl die Modebranche kein Zuckerschlecken ist. „Ich arbeite mit so vielen starken, tollen, wunderschönen Frauen zusammen, die mich immer wieder inspirieren. Es ist nicht die Kleidergröße, die einen zu dem macht, was man ist.“
Dass alle Menschen, egal wie groß oder klein sie sind, welche Konfektionsgröße sie tragen oder welche Hautfarbe sie haben, schön sind, hat die Fotografin der ganzen Welt mit ihrer BodyLove-Kampagne gezeigt. Dafür war sie international unterwegs und hat die verschiedensten Menschen in schwarzer Unterwäsche in aller Öffentlichkeit präsentiert und fotografiert. Auf dem Times Square in New York, vor der London Bridge, dem Pariser Eiffelturm oder der Semperoper in Dresden – die Kampagne ging rund um die Welt und sorgte sogar in internationalen Magazinen wie Cosmopolitan oder People für Schlagzeilen. Ein Zeichen für Respekt und Vielfalt hat sie damit auf jeden Fall gesetzt.
Das Model freut sich vor allem darüber, dass mittlerweile auch ein Umdenken in der Modewelt und der Gesellschaft allgemein zu spüren ist. „Vielfalt, Plus-Size ist überall sichtbar. Sogar Firmen, die da vorher nicht mit geworben haben, ändern ihre Werbestrategien. Frauen werden anders wahrgenommen und finden sich repräsentiert“, so das Fazit des Profis. Es sei zwar noch nicht genug, aber wenigstens ein guter Anfang, zu dem sicherlich auch ihre Arbeit beigetragen hat. „Mir ist aufgefallen, dass Frauen wieder mehr Spaß an Mode haben. Wir tragen was wir wollen und es geht nicht mehr nur ums Kaschieren – ein persönliches Hasswort von mir.“
Vielseitig einsetzbar
Seit vielen Jahren ist Silvana Denker auch immer wieder im Fernsehen zu sehen – in einer Rolle oder als sie selbst. 2020 war sie eine der Coaches in der Sendung „No Body is Perfect – Das Nacktexperiment“ – eine Sendung, in der sich Kandidaten mit ihrer Körperwahrnehmung auseinandersetzen mussten. Die Coaches waren währenddessen nackt und mit Bodypainting bemalt. „Das war eine tolle Erfahrung und ein bereicherndes Gefühl – hat richtig Spaß gemacht“, erinnert sich die 38-Jährige.