Ausgereift!


Den ersten Whiskey schwenkte Robin Pitz bei seiner Abifeier im Glas. Sein geschmackliches Urteil fiel vernichtend aus. Das sollte sich bald ändern. 28 Jahre später ist er einer der gefragtesten Kenner der edlen Spirituose in ganz Deutschland. Seine Bar in Limburg – die Villa Konthor – lockt Whiskyfans aus aller Welt. Das ausgereifte Konzept aus stilechtem Gewölbekeller und Eventlocation kommt bei Einsteigern und Kennern gleichermaßen gut an. Pitz versteht es, seine eigene Faszination zu vermitteln. Denn wer einmal für Whiskey brennt, der hält das Feuer am Lodern.

Was fasziniert den gelernten Barkeeper so sehr an diesem besonderen Getränk? Natürlich ist es die Vielfalt des Geschmacks. Und die Exklusivität. Zu Pitz‘ Favoriten zählen schottische Single Malts, die zwar lediglich aus drei Zutaten – Gerste, Wasser und Hefe – bestehen, aber dennoch unterschiedlich schmecken. „Kein Whisky ist wie der andere“, erklärt er – dafür sorgt vor allem das Reifen in Eichenholzfässern, mindestens drei Jahre, zumeist jedoch viel länger. Damit ist ein guter Whisky per se der Gegenentwurf zum Standardprodukt. Keine andere Spirituose kann mit dieser Vielfalt mithalten. Genau das macht es für Pitz und eingefleischte Fans aus – und für Einsteiger so schwierig.

Ein typischer Abend in der Villa Konthor ist daher gespickt mit Informationen und mit ausführlicher Beratung. Welche Geschmacksrichtung soll es sein? Mild, süß oder rauchig? Soll der Whisky nach reifer Kirsche, süßem Karamell, Vanille oder Kokosnuss schmecken? Bis zu 400 Noten können Whiskysorten haben, manche flüchtig, andere dominant. Das Zusammenspiel der Aromen und des Alkohols entscheidet über den Geschmack. Auch die Auswahl in Pitz‘ Regalen ist riesig. Allein 750 schottische Single Malt Whiskys stehen bereit. Ein Laie ist da schnell heillos überfordert. Doch der 48-Jährige sieht es auch als seine Aufgabe an, nicht nur auszuschenken, sondern wirklich auf den Geschmack zu bringen. „Die Villa Konthor ist kein Irish Pub“, betont er. Der Whisky und die Verkostung sollen im Vordergrund stehen.

Zwei Prozent des schottischen Whiskys verdunsten während der Lagerung pro Jahr. "Das macht die Schotten sehr traurig"

AUSZEICHNUNGEN
2000: Barmeister
2000: Meisterpreis der Bayerischen Staatsregierung
2000: Auszeichnungen Germany Best Whisky Bar

Robin Pitz‘ Leidenschaft für das Heimatland des Whiskys erwacht früh. Die Eltern erhalten damals im hessischen Schotten Besuch aus der Partnerschaft Maybole. Schottland – das sind für den jungen Mann zu diesem Zeitpunkt Dudelsack, Gesang und Leidenschaft. Der Whisky kommt erst später hinzu. Zunächst einmal wird der junge Hesse zum Weltendecker, reist viel, fährt zur See und beginnt schließlich eine Ausbildung zum Hotelfachmann. Nach deren Abschluss arbeitet und lebt er in England und Schottland, unter anderem als Barkeeper. Seine Leidenschaft für Single Malt und Whisky entfacht und wird ihn nicht mehr loslassen. Denn die edle Spirituose bleibt fortan eine Konstante in seinem abwechslungsreichen Berufsalltag. So ist etwa, nach seiner Rückkehr nach Deutschland, das Frankfurter Hotel, in dem er arbeitet, Veranstaltungsort für die jährlich stattfindende „Interwhisky“. Die Fachmesse bringt für Pitz viele persönliche Kontakte. Auch in Limburg verknüpfen sich Whiskyleidenschaft und Beruf. Hier ist der Gastronom gerade erst Leiter des Stadthallenrestaurants geworden, als die erste „Whiskyfair Limburg“ stattfindet.

Diese teils zufälligen Begegnungen sind dem Hessen irgendwann nicht mehr genug. Bei der Umsetzung der Idee, eine eigene Whiskybar zu eröffnen, hilft dennoch der Zufall weiter. Denn die damalige Besitzerin des Gebäudes kommt bei einer Messe in Limburg auf ihn zu. Und die Location, die sie ihm zeigt, erhält von Pitz schon beim ersten Besuch das Prädikat „perfekt“. 2007 wird die Villa Konthor nach aufwändiger Sanierung eröffnet. Bereits drei Jahre später wird sie zur besten Whiskybar Deutschlands gekürt – und zwar, und hier schließt sich der Kreis, auf der „Interwhisky“ in Frankfurt.

Auf der Suche nach besonderen Geschmackserlebnissen werden die Gäste der Villa Konthor nicht nur bei einem gewöhnlichen Besuch fündig. Regelmäßige Whisky-Tastings, unter anderem auch in Verbindung Edelschokoladen-Genuss, inklusive Hintergrundinformationen und Anekdoten verfeinern den Geschmack. Eine dieser Anekdoten: Zwei Prozent des schottischen Whiskys verdunsten während der Lagerung pro Jahr. „Das macht die Schotten sehr traurig“, erzählt der Whisky-Experte vergnügt. „Nach 20 Jahren ist fast die Hälfte verdunstet. ‚Angel’s Share‘, der Anteil der Engel, nennt man das in Schottland.“ Es ist nur eine Geschichte, die auf die Exklusivität des alkoholischen Getränkes hindeutet. Eine weitere: Schottischer Whisky reift in gebrauchten Eichenholzfässern. Je nachdem, was vorher im Fass lagerte – Sherry, Portwein oder Bourbon – fallen Farbe und Aroma aus. Je länger das Destillat im Fass lagert, umso intensiver die Aromen. Wie aus Gerste, Wasser und Hefe Whisky wird, kann Robin Pitz sehr detailreich schildern. Noch viel lieber zeigt er es Interessierten jedoch, und zwar bei seinen Reisen durch Schottland und Irland. Ein bis zwei Mal pro Jahr nimmt er Whiskyfans mit in die Ferne, auf eine Genuss- und Erlebnisreise. Zwei Rundreisen für das kommende Jahr sind bereits in Planung. Für all jene, die nicht daran teilnehmen können, bringt er die Vielfalt der grünen Insel mit nach Hause.

TERMINE
Whisky Dinner „Private Edition“: 30. November
Whisky und Talk (Offener Whiskystammtisch): 13. Dezember
X-mas Tasting mit weihnachtlichen Single Malts: 22. Dezember
Weihnachtliches Raritäten Tasting (Ü30 Tasting): 26. Dezember
Spezialitäten Tasting „Port Charlotte und Octomore“: 28. Dezember
Whisky Tasting Old vs. Young: 29. Dezember
Silvester Whisky & Champ. Dinner (Th. James Bond): 31. Dezember
Whisky Fair Limburg (in der Josef Kohlmaier Halle): 27. & 28. April 2019
Schottland-Rundreisen: 11. bis 20. Juni & 3. bis 12. August 2019

Doch in der Limbuger Bar können nicht nur schottische Whiskys aus verschiedenen Regionen und unterschiedlicher Abfüller probiert, getrunken und gekauft werden. Das Angebot umfasst auch solche aus Deutschland, Japan, den USA und einige Exoten. Zudem sind Liköre, Rum, Wein oder auch Craftbeer erhältlich. Unter den Spirituosen befinden sich auch einige, die eigens für die Villa Konthor abgefüllt wurden. Hinzu kommen weitere Genusskomponenten wie exklusive Schokoladensorten. „Einen tollen Single Malt Whisky aus Schottland zu entdecken und diesen durch ein schmelzendes Stück Schokolade zu ergänzen ist ein besonderes Vergnügen“, findet der Gastronom. Nicht die einzige Kombination, die mit der Spirituose harmoniert. Pitz listet unter anderem Haggis auf, die schottische Spezialität aus Schafsmagen mit Innereien, Zwiebeln und Hafermehl, oder pfeffrigen Speisen bis hin zu Wildspezialitäten, die mit Whisky gut harmonieren.
Und wie sieht es mit Zigarren aus? Dieses Zusammenspiel war im vergangenen Jahrhundert nahezu Pflicht. Heute sei das „kein Muss mehr“, sagt der der 48-Jährige. Zumal die Kombination in Gastronomie inzwischen nahezu verschwunden sei. Wenngleich sie immer noch für Gemütlichkeit, Entspannung und einer gewissen Lockerheit stehe. Aber auch hier gelte es, das richtige Produkt zu finden. Die Extravaganz des Getränks könnten beispielsweise handgerollte Longfiller-Zigarren aus der Dominikanischen Republik unterstreichen, die ganze Tabakblätter enthalten, mild sind und für ein leichtes Geschmackserlebnis sorgen. Pitz‘ Tipp: „Je dicker eine Zigarre, desto leichter und angenehmer lässt sie sich rauchen.“ Als Format empfiehlt er eine Robusto oder Churchill.
Mehr Tipps gefällig? Die Villa Konthor hat davon reichlich auf Lager, Genussvielfalt inklusive. Da stehen sich Whisky, Bar und das Konzept dahinter in nichts nach: Beides ist ausgereift!

Text: Christian Thielen und Katja Hommes | Fotos: Villa Konthor