Vom Tellerwäscher zum Visionär


Für Kevin Markus ist Natur der wahre Luxus: echte Schweinereien vom Freiland Hof

Sneaker tauschte er gegen Gummistiefel, Hemden gegen Outdoor-Jacke und Zweisitzer gegen Geländewagen und Traktor. Der Gastronom Kevin Markus (30), Greentable-Partner, Referent und Pächter eines (nicht) ganz traditionellen Bauernhofes in Beselich-Niedertiefenbach, hat Großes vor und ein ganz eigenes Projekt ins Rollen gebracht. Auf seinem Hof leben Mangalica-Wollschweine, Bunte Bentheimer Landschweine und Rotbunte Husumer. Nur wenige hundert Tiere dieser Arten gibt es noch weltweit. Wenn der 30-Jährige den Stall betritt, fangen sie an zu grunzen, laufen zur Absperrung und stupsen ihn verspielt an. Man erkennt sofort: Die Tiere sind fixiert auf ihren Besitzer. Die Schweine genießen es sichtlich, wenn er ihnen den Rücken krault, und fressen ihm im wahrsten Sinne des Wortes aus der Hand.

Dabei fing alles ganz anders an: „Als ich damals die Schule verlassen habe, um in die Gastronomie einzusteigen, wurde ich spöttisch belächelt“, erinnert sich Kevin Markus. Und obwohl seine ersten Karriereschritte im Nachhinein nicht immer in geordneten Sinuskurven abliefen, wusste der heute 30-Jährige früh, was er will: selbstständig sein. Das Ziel klar vor Augen, machte Kevin zunächst eine Ausbildung zur Fachkraft im Gastgewerbe.

„ Die Menschen sollen wieder ein Gefühl dafür bekommen, woher ihr Fleisch kommt. “

Doch für die eigene Selbstständigkeit war es dem damals 17-Jährigen wichtig, erst alle Unternehmensspaten kennen zu lernen. Also zog es den jungen Mann nach der Ausbildung ins Marketing und den Vertrieb, bevor er 2014 mit einem Freund zusammen das Sport- und Seminarhotel Glockenspitze in Altenkirchen leitete. Als sein alter Ausbildungsbetrieb wieder frei wurde, zögerte Kevin nicht lange und eröffnete 2015 sein erstes eigenes Restaurant – „Rats – Hauptsache lecker“ wurde geboren.

Das Kochen hat sich der Restaurantfachmann über die Jahre in der Gastronomie selbst angeeignet, auch auf Reisen hat er verschiedene Küchen „getestet“. Mit der Eröffnung seines Restaurants entdeckte Kevin Markus, der auf Bauernhöfen groß geworden ist, seine Leidenschaft für die Landwirtschaft und besondere Schweinerassen. Für ihn stand fest: „Es gibt nichts aus der Masse“. Der junge Mann fand sich immer wieder in Disputen um die heutige Esskultur wieder. „Die Menschen sollen wieder ein Gefühl dafür bekommen, woher ihr Fleisch kommt“, so sein Anliegen. „Wäre das Fleisch nicht so billig zu haben, würden Verbraucher es auch mehr wertschätzen“, ist er sich sicher.

Während der Rats-Zeit suchte der Gastronom aktiv nach Wiesen und Höfen. Und dann, 2016, verlor er sein Herz erst an seine heutige Ehefrau Eva Markus (28) und mit ihr gemeinsam schließlich an den ehemaligen Bauernhof in Niedertiefenbach – ihr neues zu Hause und Grundstein für den eigenen Hofbetrieb „HEIMAT –
Genussmanufaktur“. Hieraus entstand 2018 schließlich der Foodtrailer „HEIMAT KÜCHE by Kevin Markus“, mit dem er heute in ganz Deutschland herumtourt.

In seinem Truck wird ausschließlich frisch, nachhaltig und regional gekocht. Das Fleisch stammt aus eigener Freilandhaltung oder von den benachbarten Landwirten – deutsche Küche, modern, aber auch mit Klassikern von Mutti. In seiner Freizeit hinterfragt der Visionär gerne die Herkunft des Fleisches – immer wieder mit dem Ergebnis, dass Regionalität oft eher klein geschrieben wird. Er selbst kauft Fleisch ausschließlich beim Metzger seines Vertrauens. Doch auch hier gelte, Metzger ist nicht gleich Metzger. Viele Fleischer würden zwar ausschreiben, woher das Fleisch stamme, manche bekämen es jedoch aus der Großindustrie. „Wichtig ist es, nachzufragen. Jeder Fleischereifachverkäufer sollte wissen, was er in der Theke hat“. Mehr Transparenz bei den Metzgereien schaffe nicht zuletzt auch Vertrauen.

Und wie geht es nun weiter bei dem ambitionierten, nachhaltigen Landwirt und Gastronom? Kevin Markus ist heute ein beliebtes Werbegesicht für viele Marken. Wenn er nicht gerade mit seinem Foodtruck unterwegs oder als Referent für Greentable tätig ist, arbeitet er an seinem ersten Buch: Woher kommt mein Fleisch? – Hintergründe und Rezepte. Außerdem will er mit seinem Truck einmal durch die Republik in jedem Bundesland kochen. Selbstverständlich regional und nachhaltig.

„Heimat Hof“ wird zur Nutztier-Arche und erhält Slow-Farming-Auszeichnung

Ein Schwein in der Massentierhaltung hat über 7 Monate 0,67m² Platz. „Allein die Vorstellung macht mich rasend“, ärgert sich der 30-Jährige. In der Freilandhaltung können sich Schweine unbegrenzt bewegen. Auf seinem Hof steht den Schweinen eine riesige Fläche zum Buddeln, Suhlen und Wälzen zur Verfügung. Von Frühjahr bis Herbst können sie den ganzen Tag über im Freiland verbringen. Zwei seiner Schweine brachten im vergangenen Jahr die ersten Würfe. Von den Ferkeln waren zwei so schwach, dass Kevin sie mit der Hand aufziehen musste: „Wir haben sie mit ins Haus genommen und ihnen alle zwei Stunden die Flasche gegeben – Tag und Nacht. Die beiden bleiben auch vom Schlachter verschont.“ Neben den Schweinen leben auch drei Rinder auf seinem Hof, die er aus schlechter Haltung „gerettet“ hat.

Steckbrief

• Name: Kevin Markus
• Geboren am: 22. März 1989 in Aschersleben
• Gründete 2016 den Hofbetrieb „HEIMAT – Hof & Freilandschweine“, wurde im selben Jahr Beiratsmitglied bei Greentable in Berlin
• Erhält seit 2015 bis heute Greentable-Auszeichnung für Regionalität und Nachhaltigkeit
• Betrieb mit dem Restaurant „Hubertusklause“ eines der besten Gasthäuser in Deutschland (Falstaff-Magazin)
• Erhielt den Internorga Zukunftspreis 2018 für das Konzept „HEIMAT by Kevin Markus“
• Gründete 2018 den Foodtrailer „HEIMAT KÜCHE by Kevin Markus“
• 2019 gründet er mit seiner Frau das Gesamtkonzept Heimat-Genussmanufaktur
• Sein Herz schlägt für bedrohte Schweinerassen
• Hobbys: gutes Essen, Reisen und die Tierwelt
• Leidenschaftlicher Fan vom: HSV

Text: Luisa Götzen | Fotos: Julian Wolf; Denise Schmidt