Dabei musste er sich in seinen Anfängen häufig dumme Sprüche zum Thema YouTube anhören. „Das hat mich dann aber ganz besonders motiviert“, sagt Lucas. „Da hab ich mir gedacht: Jetzt erst recht.“
Seine Sturheit hat sich für den jetzt 23-Jährigen auf jeden Fall bezahlt gemacht. Auch sein Wagnis, kurz vor der Fachhochschulreife einen anderen Weg einzuschlagen. Als er von „Ruf Reisen“ das Angebot erhält, für einen Werbedeal auf YouTube nach Australien zu reisen, zögert er nicht lange und sagt zu. Dass die Abiprüfung in den gleichen Zeitraum fällt, ist ärgerlich, aber nun mal nicht zu ändern. „Das war meine große Chance“, meint er heute rückblickend. Bereut hat er seine Entscheidung nicht.
„Ich finde das, was ich mache, einfach cool und das kommt dann auch so rüber. Aber vielleicht ist es auch meine hohe Lache, die ansteckt.“
Als Let‘s Player mit 1,6 Millionen Abonnenten und 422.620.742 Klicks (Stand Dezember 2019) ist er für Gaming-Dienste ein lukrativer Werbepartner. Und er hat sich mittlerweile auch auf eigene Füße gestellt. Gemeinsam mit seinem langjährigen Freund und Geschäftspartner Nico Kuhlmann (22) hat er vor einem Jahr die Agentur Social Bird gegründet, mit der er Social Media Marketing und Social Media Management für Firmen anbietet. Das Geschäft läuft gut, wie eben alles, was Lucas anpackt. Doch begonnen hatte alles im Stillen...
Ganz heimlich, ganz verschämt
Bei seinen Videoaufnahmen wollte Lucas keine Zuschauer haben. „Hab mich als Jugendlicher vor meinen Eltern dafür geschämt“, sagt er heute. Und es dauert bis zum 100.000sten Abo, bis er seinen Eltern gesteht, was er tatsächlich macht. Doch die reagieren entspannt und Lucas ist erleichtert. Und manchmal, wenn auch selten, ist Papa Mario bei einem Video-Dreh dabei. „Der hat einen super Humor und kommt bei den Zuschauern gut an“, freut sich der Sohn.
Worauf sein eigener Erfolg beruht? Lucas überlegt: „Ich finde das, was ich mache, einfach cool und das kommt dann auch so rüber. Aber vielleicht ist es auch meine hohe Lache, die ansteckt.“
Wie alles begann
2008 lädt Lucas sein erstes Video hoch. Weitere folgen. An Geld verdienen ist nicht zu denken. Doch Lucas wächst mit der noch jungen Szene mit und schafft sich sein Entrée, indem er Kanalbanner und Intros für andere YouTuber macht. 2013 gründet er seinen eigenen YouTube-Kanal „AviveHD“. „Der Name hatte keine besondere Bedeutung. Avive habe ich von meinem Gamertag übernommen und HD steht für High Definition. Das war damals in der YouTuber-Szene so üblich.“ Irgendwann kann der junge Mann mit seiner Arbeit Geld verdienen. Weil seine Videos immer häufiger angeklickt werden, werden wichtige Netzwerke auf ihn aufmerksam. Studio 71 (Teil der ProSiebenSat.1 Media SE und eines der weltweit führenden Multi-Platform-Networks und Anbieter digitaler Inhalte und Web-Produktionen) und Divimove (YouTube Partnernetzwerk, an dem RTL Group mit der Tochterfirma FremantleMedia Anteile hat) wollen ihn exklusiv haben. „Das waren zwar nur ein paar Euro, aber es war cool“, meint er. „Ich ging ja noch zur Schule.“
Die aber ist der limitierende Faktor. Denn gleichzeitig Videos zu konzeptionieren und zu produzieren, dabei auch noch den zahlreichen Eventeinladungen zu folgen und sich gleichzeitig auf die Abiturprüfung vorzubereiten, passt nicht unter einen Hut. Bei der Einladung nach Australien trifft er die schon längst überfällige Entscheidung, professioneller YouTuber zu werden. Mittlerweile arbeitet Lucas nicht mehr exklusiv. Er hat seinen eigenen Thumbnail-Designer und einen Cutter, der seine Videos schneidet. Ein professionelles Management kümmert sich um seine Engagements. Er schafft eigene lustige Formate, zeigt Tricks und kommentiert als Gamer angesagte Spiele, ganz aktuell Fortnite.
Sein Leben hat sich geändert, sagt er. Seinen Freundeskreis wählt er ganz bewusst aus. „Wenn einer sich plötzlich nach 10 Jahren an mich erinnert und Kontakt möchte, werde ich misstrauisch.“ Manchmal sitzen Fans auf der Treppe, die auf ihn warten und gerne ein Foto oder auch ein paar Tipps haben möchten. „Aber das ist weniger geworden, seitdem ich nicht mehr in Mayen wohne“, meint Lucas. Das störe ihn auch nicht so sehr wie die Neider, die auch schon mal sein Auto zerkratzt haben. Insgesamt lasse es sich aber mit dem Promifaktor gut leben. In Kottenheim, wo er mit Freundin Alina wohnt und wo auch seine Eltern leben, bleibt er geerdet.