„Das Leben ist ein Abenteuer mit vielen Facetten.“
Ihren Weg zu sich selbst hat die junge Frau erst nach langem Suchen gefunden. Wohin er letztendlich führen wird, weiß sie nicht. „Das Leben ist ein Abenteuer mit vielen Facetten“, sagt sie.
Zwei Monate Auszeit hatte sie sich vor Abschluss des Diplom-Studiums genommen - auch um den tragischen Tod ihres Bruders acht Jahre zuvor zu verarbeiten - und sich mit dem Fahrrad auf den Pilgerweg nach Spanien gemacht - ohne Plan und Vorbereitung, hatte spontan an Häusern geklingelt und um Übernachtungsmöglichkeiten gebeten. Die Erfahrungen, die sie dabei sammelt, bringen sie weiter. Als sie zurückkommt, ist sie im 6. Semester. Ein Jahr später macht sie ihr Diplom und entschließt sich, ihre Kunst auf Körper zu zeichnen.
Die bodenständige Träumerin
Denise aus ihren Träumen herauszureißen, ist gar nicht so einfach. Das weiß auch ihr Kunstlehrer auf dem Mayener Gymnasium, der sehr schnell das Talent der damals noch 14-Jährigen erkennt. Denise widmet sich insbesondere der Zeichenkunst, ihre Mutter fördert sie durch externe Malkurse. Nach dem Abi ist klar, dass sie beruflich in diese Richtung gehen wird. Noch vor ihrem Studium für Modedesign, bei dem sie zwei vollständige Diplomarbeiten ablegt, arbeitet sie fürs ZDF und schließt ihre erste Ausbildung als Trickfilmzeichnerin ab.
Doch auch das ist der jungen Frau noch immer nicht genug. Sie gibt Zeichenkurse bei der VHS. Dort trifft sie auf einen Tätowierer und ist von der Idee infiziert. Weil sie eine Botschaft hat und weil Menschen in ihrer Ursprünglichkeit sie faszinieren, unterrichtet sie parallel als Vertretungslehrerin am Dauner Gymnasium im Fach Bildende Kunst und an der Grund- und Realschule in Gillenfeld in den Fächern Kunst und für kurze Zeit Englisch. Es ist die Sprache, mit der sie aufgewachsen ist. Denn erst mit sechs Jahren kam Denise wieder nach Deutschland. Bis dahin lebte sie mit ihrer Familie in den USA. Dorthin ist sie nur zweimal zurückgekehrt. „Um mich als Tätowiererin weiterzubilden und um meine Wurzeln zu suchen“, sagt sie.
Das handwerkliche und künstlerische Talent ist ihr von mütterlicher Seite aus in die Wiege gelegt. Von Oma Anita Sax hat sie die Strickleidenschaft übernommen, von Mutter Andrea, die Figuren aus Ton entwirft, die Liebe zum Kreativen. Diese Kunst lebt auch in ihrem Haus in Kaisersesch, in dem das Tattoo-Atelier „La Nisa“ untergebracht ist. Hier hat Denise selbst Hand angelegt, hat für den Tattooraum das Fliesendesign entworfen, diese geflext und gelegt. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Benjamin Wolff hat sie Wände und Fassaden verputzt und mit eigens restaurierten Möbeln aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts dem Innenleben des Hauses den Charme der Jahrtausendwende verliehen. Noch in Arbeit ist das Dachgeschoss, das Kunden mit weitem Anfahrtsweg als Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt werden soll.
Die Gravur fürs Leben
Die Kunst des Tätowierers ist, das Unsichtbare sichtbar machen, es vom tiefsten Innern an die Oberfläche zu holen, ihm Präsenz dort zu verleihen, wo Worte fehlen oder auch fehl am Platz sind. So ist es im Idealfall und den strebt Denise mit ihrem Hang zum Perfektionismus auch an. Bevor sie sich an die Arbeit macht, hat sie mit ihrem Kunden lange über das Motiv nachgedacht und kennt seine Empfindungen, Träume und die Einstellung zum Leben. „Wer sich Bilder und Symbole für immer in der Haut verewigen lässt und bereit ist, diese Schmerzen dabei zu ertragen, bringt mir ein grenzenloses Vertrauen entgegen“, ist sich Denise bewusst. Grenzenloses Vertrauen, das sie auch täglich bei Ihrer Arbeit in der Behindertenpflege im Kloster Ebernach erlebt. Denn Denise hat vor gut einem Jahr eine Ausbildung zur Erzieherin begonnen. „So bleibe ich geerdet“, sagt sie. Und das Leben halte ja so viele Facetten bereit …
„Wer sich Bilder und Symbole für immer in der Haut verewigen lässt und bereit ist, diese Schmerzen dabei zu ertragen, bringt mir ein grenzenloses Vertrauen entgegen.“