DREI KULTUREN KLANGVOLL VERKNÜPFT


Swetlana Meermann-Muret: die deutsch-russische Pianistin aus Frankreich spielt Raritäten der Klaviermusik

Die musikalischen Facetten von drei Kulturen spiegeln sich in ihrem Klavierspiel wider: Swetlana Meermann-Muret ist in Russland geboren und aufgewachsen, übersiedelte mit 16 nach Deutschland und hat vor 10 Jahren Frankreich als ihren Lebensmittelpunkt gewählt. Boppard ist ihr zweites Zuhause und mit Rheinland-Pfalz verbindet sie eine lange Geschichte. Sie ist Preisträgerin internationaler Wettbewerbe, ehemalige Stipendiatin der Villa-Musica und ZIRP (Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz), spielte als Solistin u.a. mit dem Symphonieorchester der Rheinischen Philharmonie und war die erste Förderpreisträgerin des Lions-Club Neuwied-Andernach. Sie arbeitete u.a als Korrepetitorin am Landesmusikgymnasium Montabaur und war Dozentin an der Landesmusikakademie.

Herzensprojekt
„Miniatures Russes“ - so heißt ihr zweites Solo-Album, das sich den Raritäten der Klaviermusik widmet und bereits als „Album der Woche“ bei der MDR Kultur in Mai 2021 nominiert war. Die CD-Aufnahme im SWR2-Studio in Kaiserslautern gelang ihr noch eine Woche vor dem ersten Lockdown. Das „Museum Boppard“ und die „Freunde der Villa Musica e.V.“ haben diese Produktion in der Corona-Krise unterstützt „Ich bin dafür unglaublich dankbar“, sagt Swetlana. Im Dezember plant sie ein Danksagungskonzert im Museum Boppard, sollte es die Pandemie erlauben. Das Corona-Jahr war für sie fruchtbarste Zeit: Etwa ein halbes Jahr später nach der Aufnahme kam dann die zweite Miniature: Léonard - ihr erster Sohn. „Ein perfektes Timing“, schmunzelt die frisch gebackene Mutter.
Aufnahmen der Klaviermusik beider Komponisten gibt es nur wenige. Für ihr Herzensprojekt konnte sie auch das Leipziger Label Genuin und SWR2 begeistern. „Leider stehen Lyadow und Arensky im Schatten ihrer Zeitgenossen wie etwa Rachmaninow, Scriabin, Tchaikowskij, Rimskij-Korsakow“, bedauert sie. „Aber ihre Musik ist nicht zweitrangig, sondern zur damaligen Zeit in Russland gab es einfach viel zu viele bedeutsame Komponisten. Gemeinsam ist den beiden, dass ihr Klavierwerk fast nur Miniaturen umfasst“. Für dieses Album hat Swetlana ihre 24 Lieblingsstücke ausgewählt. Entstanden ist eine kontrastierende Mischung aus Emotionen und Seelenzuständen zwischen Melancholie, Hoffnung, Sehnsucht, Liebe, Schmerz, Leidenschaft, Freude und Glaube. „Damit möchte ich jeden Zuhörer auf eine musikalische Reise in die eigene Gefühlswelt einladen.“

Musik - was sonst?
„Ich bin mit Musik aufgewachsen“, erzählt Swetlana und meint das durchaus wörtlich. Denn den Grundstock dazu haben ihre Eltern gelegt: Mutter Lilli als Konzertmeisterin im städtischen Symphonieorchester, Vater Eugen als Knopfakkordeonist, beide damals an der staatlichen Philharmonie in Lipezk tätig, heute wohnhaft in Boppard, wo sie eine private Musikschule leiten.
Mit sieben Jahren erhält Swetlana Klavierunterricht, zuerst an einer „normalen“ Musikschule, dann an der Spezialmusikschule für begabte Kinder in Lipezk. Ihre erste und einzige Klavierlehrerin dort, Olga Viktorowna Schepeleva, wird zur Vertrauten, Swetlana zu ihrer besten Schülerin. Ihr hat die Pianistin die neue CD „Miniatures Russes“ gewidmet. „Bei der Interpretation russischer Musik konnte ich mich bis zuletzt immer auf ihren Geschmack verlassen“, so Swetlana. Doch das Erscheinen der CD am 5. Februar 2021 hat ihre Lehrerin nicht mehr erlebt. Im Januar verstarb sie. Die Widmungsabsicht hat sie glücklicherweise gekannt und sogar eine der ersten die Aufnahme gehört.

Schon mit 12 ein Star
In ihrer Heimatstadt erscheint Swetlana bereits als 12-Jährige in Zeitschriften und TV, nachdem sie die erste Preisträgerin beim ersten K.Igumnov Klavierwettbewerb wird. Weitere Preise und Stipendien folgen. Als ihre Eltern 1996 als Spätaussiedler nach Deutschland auswandern und in Rheinland-Pfalz sesshaft werden, gibt es für das junge Mädchen als musikalisch Hochbegabte in Rheinland-Pfalz nur eine Wahl: das Landesmusikgymnasium in Montabaur. Sie steigt ohne Deutschkenntnisse in die neunte Klasse ein, hat lediglich ein halbes Jahr Probezeit. Im Eiltempo holt sie die Sprachkenntnisse nach - die Voraussetzung, um allen Schulfächern folgen zu können. „Es war eine der anstrengendsten Zeiten meines Lebens“, sagt sie rückblickend. „Man erwartete von mir viel zu schnell bestimmte Leistungen - und das parallel zu meinem täglichen, geliebten Klavierüben.“ Aber Swetlana schafft das scheinbar Unmögliche und legt vier Jahre später ihr Abitur erfolgreich ab.
Bereits als 16-Jährige debütiert sie mit einem jugendlichen Gastorchester aus England und vertritt dabei mit dem anspruchsvollen Klavierkonzert Nr. 1 von Tchaikowskij das Musikgymnasium. „Zum Glück hat mich die Musik immer wieder gerettet“, scherzt sie. Und wer hätte gedacht, dass Swetlana später an dieser Schule zur Lehrkraft und dort als Korrepetitorin arbeiten wird?
„Ohne die Unterstützung und Begleitung bestimmter Menschen wäre vieles in meinem Leben nicht möglich gewesen“, sagt sie dankbar. In Montabaur waren das der damalige Musikkoordinator Ulrich Adomeit und seine Frau Natalia, ihre Klavierlehrerin aus Russland. „Und auch die Firma Wersi aus Emmelshausen, die noch ganz am Anfang meines Studiums meine Debüt-CD produzierte“, ergänzt sie. „Die Liste könnte man noch weiterführen.“


Swetlana wird Jungstudentin an der Musikhochschule Frankfurt, wo sie später ihre künstlerische und pädagogische Ausbildung bei Irina Edelstein ablegt. In 2010 absolviert sie mit Auszeichnung ihr Konzertexamen an der Musikhochschule in Karlsruhe bei Michael Uhde und Markus Stange. Beim Abschluss wird ein Traum wahr: Sie führt eines ihrer Lieblingswerke auf - das zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow mit dem Philharmonieorchester Baden-Baden. „Bei diesem Klavierkonzert bekam ich immer Gänsehaut . . . “, erzählt sie. „Mit der russischen Musik fühle ich mich besonders verbunden.“ Ihre Lieblingskomponisten sind Rachmaninow und Bach.

Sprache des Herzens
Nach einem Austauschjahr an den Musikhochschulen in Lyon und Paris (CNSMD) in 2009/2010 hat sie in Frankreich ihre neue Heimat gefunden. „Die dritte“, lacht Swetlana und erzählt, dass sie schon wieder ganz neu habe beginnen müssen. Bereut hat sie das nicht, denn in der Kulturmetropole Paris zu leben, war schon immer ihr Herzenswunsch. „Dass ich dann in Lyon gelandet bin, war Schicksal“, ist sie fest überzeugt. In diese Stadt hatte sie sich sofort verliebt - und ein paar Monate später in ihren zukünftigen Mann. „Französisch war immer die Sprache meines Herzens, noch bevor ich sie sprechen konnte“, gesteht sie.


Den Bezug zu ihrer deutschen Heimat hat Swetlana aber nie verloren. Regelmäßig besucht sie ihre Familie in Rheinland-Pfalz und spielt neben ihren internationalen Projekten gelegentlich in SwetArtTrio mit ihren Eltern. Als vielseitige Musikerin mit einem breitem Repertoire ist sie in unterschiedlichen Bereichen tätig, von Solokonzerten bis Korrepetition und Unterricht. „Ich möchte eine Spur im Leben anderer hinterlassen und ihnen etwas Schönes mitgeben“, sagt die erfahrene Pädagogin, die bereits seit ihren Studienjahren unterrichtet und seit einigen Jahren auch Meisterkurse gibt. Ihre Leidenschaft zur Kammermusik führte sie durch viele Länder und schließlich zur Gründung mehrerer Ensembles, vom vierhändigen Klavier bis hin zum Klavierquartett.
ZITAT: „Alles im Leben ist kein Zufall und man muss immer offen für neue und unerwartete Situationen sein und loslassen können.“

Kontakt

www.swetlanameermann.com
piano@swetlanameermann.com
Instagram : swetlana.meermannmuret_piano
Rezensionen

  • „Miniatures Russes ist eine pianistisch, musikalisch und aufnahmetechnisch makellos gelungene Produktion.“ (Pianoforum, Mai 2021)
  • „Meermann-Muret spielt einfühlsam und gibt den Zuhörern eine Stunde angenehmer Klaviermusik." (Piano News, Mai 2021)
  • „Miniatures Russes is a collection of profound and refined interpretations of deeply moving music performed with excellence and careful attention to detail." (Staccatofy)

Text: Edith Billigmann; Fotos: Roman Zgorzalek; Anna Cosson; Gilles-Soen-Wer; Janis Prorietis (Portrait); Andreas Orban. CD-Cover: Roman Zgorzalek