EIN MANN MIT VIELEN GESICHTERN


Erst Dorfkind, dann Model: Marcel Spang hat den Sprung von Kammerforst in die weite Welt geschafft

Marcel Spang (37) hat viele Gesichter. Man kennt ihn als Barkeeper Niklas aus der ARD-Kultserie „Verbotene Liebe“, als Torhüter beim Regionalligist Sportfreunde Eisbachtal, als Sportjournalist beim lokalen Fernsehsender WWTV in Ransbach-Baumbach und als erfolgreiches Model für Premium-Marken wie Canyon, Mercedes, Lalique, BOSS oder Porsche. Nun leiht der gebürtige Westerwälder sein Gesicht einer Kampagne, die er mit sechs weiteren Freunden im vergangenen Jahr ins Leben gerufen hat. „Stift & Papier“ ist ein Projekt, an das er sein Herz verloren hat, weil es Seelentüren betagter Menschen öffnet - weit weg von der Society Gesellschaft, in der Spang mittlerweile zu Hause ist.

Stift & Papier
Als Zeichen gegen die Vereinsamung alter Menschen und als Bindeglied zwischen den Generationen will Spang das Projekt „Briefe schreiben“ verstanden wissen. Die Idee kam ihm und seinen Freunden in der Corona-Zeit, als die Isolation der Menschen einen traurigen Höhepunkt erreicht hatte. Über 46.000 Briefe haben seitdem ihren Weg in Alten- und Pflege-Einrichtungen gefunden. „Die Deutsche Post hat uns sogar eine eigene Briefmarke drucken lassen“, freut sich Spang. Mitmachen kann jeder, der Lust am Schreiben hat. Wer interessiert ist, kann sich hier melden: www.stiftundpapier.org/

Dorfkind
„Ich bin ein Dorfkind geblieben“, betont der 37-Jährige immer wieder. Aus seiner tiefen Verbundenheit zur Heimat und seinen „alten“ Freunden macht er keinen Hehl. Und dass er ein gern gesehener Gast in Ransbach-Baumbach ist, zeigt sich immer wieder während unseres Interviews - unzählige Male Schulterklopfen, ein freundliches Hallo oder Rufen über Tische hinweg „Schön, dass Du wieder da bist!“

„Ich bin ein Dorfkind geblieben."

Marcel ist einer von ihnen, auch wenn er sich sicher auf den internationalen Brettern der Welt bewegt.
Geboren in Dernbach, aufgewachsen in Kammerforst, atmet Marcel erstmals mit 10 Jahren „Stadtluft“. Denn Familie Spang zieht ins fünf Kilometer entfernte Ransbach-Baumbach. Aus vier Straßen, 175 Einwohnern und einer ursprünglichen Wildnis, „in der man als Kind noch Staudämme bauen und Schlittschuh fahren konnte“, wird er in der für ihn großen Stadt mit Eisdiele, Supermarkt und einem ausgeprägten Vereinsleben konfrontiert. „Ich kann beides“, lacht Marcel. „Dorf und Stadt.“ „Als Kind war das Leben auf dem Dorf ein Traum“, sinniert er. „Keine technischen Konsolen, einfach rausgehen und mit Freunden spielen.“ Klingt hier Sehnsucht nach der heilen Dorfwelt durch? „Eigentlich nicht“, schüttelt Marcel, der seit 10 Jahren in Köln lebt, den Kopf. „Aber sag niemals nie . . .“

Der Sportliche
Fußball, Joggen, Bouldern, Klettern - die Liste ließe sich zwar nicht endlos fortsetzen, zeigt aber eins ganz deutlich: Sport ist Marcels Metier. Und so geht auch sein Berufswunsch nach Beendigung der Schule eindeutig in diese Richtung: Profifußballer ist das große Ziel, das er sich gesteckt hat. Er schafft es bis in die Rheinland-Auswahl und sogar ins Sichtungstraining der U 18-Nationalmannschaft unter dem damaligen Trainer Horst Hrubesch. „Aber gegen René Adler und Michael Rensing habe ich als Torwart keine Chance“, muss er sich eingestehen. Mehr als Oberliga wäre für ihn nicht drin gewesen, so seine selbstkritische Einschätzung.

Also, alles wieder von vorne. Nach kurzen Irrungen in die Welt der kaufmännischen Ausbildung landet er schließlich beim Westerwälder TV in Ransbach-Baumbach, macht dort sein Volontariat, moderiert alle sportlichen Themen, von Eishockey über Fußball, Football und Leichtathletik.

Dieser Blick
Mit dem Mikro in der Hand wird er schnell zum Hingucker. Dunkle Haare, blaue Augen, stechender Blick, durchtrainierte Figur - das kommt an. Er selbst wird neugierig und will seinen tatsächlichen Marktwert wissen. Also lässt er professionelle Aufnahmen machen und schickt sie an Modelagenturen. Der Rücklauf ist nicht nur dürftig, sondern gleich null.

Das Gesicht 2006
Erfolgreicher schneidet er bei einem Modelwettbewerb ab. 2006 wird der das Gesicht des Jahres, erhält Modelvertrag und Set-Card. Doch so richtig läuft es erst, als er einen routinierten Fotografen findet, der ihn an eine seriöse Modelagentur vermittelt. Es läuft, aber nicht gut genug. Erst zwei Jahre später kommt das für ihn Unfassbare: AUDI bucht ihn für das Look-Book der ersten Q 5-Generation - ein Top-Secret-Projekt. In der Business-Class geht es nach Valencia ins 5-Sterne-Hotel. Alles scheint völlig surreal: Für das Shooting werden in der Stadt extra Locations abgesperrt. Und er verdient richtig gutes Geld. „Ja, und dann denkt man, das geht immer so weiter“, erzählt er rückblickend. Doch das Stargefühl ist nicht von langer Dauer. Marcel muss weiterkämpfen.

Endlich ein Star
2009 schickt ihn seine Münchner Mutteragentur auf ein Casting der Deutschen Telekom. „Da stehst Du in einer Schlange von 400, 500 Menschen, die alle das Gleiche wollen . . . Und dann bist Du es, der fünf Stunden später den Job hat. Was für ein Gefühl!“, erinnert er sich noch immer begeistert. Der Weg als Top-Model ist geebnet, weitere Aufträge folgen, darunter für das aluminiumfreie Deo von Nivea und große Modelabels wie Olaf Benz oder Fynch-Hatton und Parfümmarken wie Lalique.
Nebenbei gehört er zum festen Ensemble der ARD-Soap „Verbotene Liebe“. Und dort erhält er von seinem Schauspielkollegen Lutz Marquardt einen Tipp, der ihn tatsächlich auf die Stufe des Olymps führen soll: „Wenn Du an Deinem Körper arbeitest, dann könnte es was mit dem Unterwäschemodeln werden“, rät er ihm. Marcel folgt seinem Rat - und seinem Nachbarn in die Kletterhalle und erreicht in nur einem Dreivierteljahr eine komplette Transformation. Der Lohn: Aufträge von skiny, Calvin Klein, Nike . . . „Unterwäsche, Parfüm und hochwertige Anzüge, das ist die Top-Liga beim Modeln“, erklärt Marcel Spang. Dort ist er schon längst angekommen, doch für ihn geht es weiter. Sein aktuelles Projekt: Der Second Hero beim TV-Spot für Knoppers. Mit dabei: Thomas Müller, der erfolgreichste deutsche Fußballer aller Zeiten.

Best Age
Angst vor dem Alter hat Marcel nicht. „George Clooney hat mit seiner nespresso-Werbung den Markt für ältere Models geöffnet“, sagt er. „Best Age ist gefragter denn je. Und das Beste: Die Konkurrenz dünnt im Alter aus.“ Auf seinem Erfolg ausruhen will er sich aber nicht. Das nächste Projekt hat er schon umgesetzt: Maybach heißt die neue Referenz.

PORTRAIT
• Geboren am 6. März 1984 in Dernbach, aufgewachsen zunächst in Kammerforst, dann in Ransbach-Baumbach
• Hat von Geburt an ein kleines internationales Flair mitbekommen: Mutter Christel Emma Margarete ist Österreicherin
• Ist seit Jugendjahren sportverliebt; war B-Jugend-Torwart der Sportfreunde Eisbachtal, hat in der Rheinland-Auswahl gespielt und es ins Sichtungstraining der U 18 geschafft
• Ist Sportjournalist und Model
• Ist heimatverliebt: besucht regelmäßig Familie und Freunde in Ransbach-Baumbach
• Modelt erfolgreich für große Marken wie Mercedes, Canyon, Olaf Benz, Lalique, BOSS und Porsche und – ganz aktuell – Knoppers und Maybach
• Hat einen hohen Marktwert: Ist für die Modebranche ein „lebendiger Kleiderhaken“ mit sehr gutem Abverkauf
• Engagiert sich für soziale Projekte wie „Stift & Papier“, hat 2021 am virtuellen Spendenlauf der Welthungerhilfe ZeroHungerRun teilgenommen
• War jüngst im Einsatz bei den Aufräumarbeiten im Ahrtal nach der Flutkatastrophe. Marcel Spang hat in Sinzig, Rech und Ahrweiler mit angepackt, als es galt, den Opfern der Flutkatastrophe zu helfen. „Es ging nicht nur darum, Schlamm aus den Häusern zu schleppen, sondern den Betroffenen auch eine emotionale Stütze zu sein“, sagt er nachdenklich.

Text: Edith Billigmann; Fotos: Christof Henninger; ©Marcel Spang; privat; Edith Billigmann