WIE KUNST DIE WELT VERÄNDERN KANN


Werner Schmitt bringt MUS-E in die Schulen: Ein Bildungsprogramm für Toleranz und Respekt

Um Künsten ihren angemessenen Platz in der Gesellschaft zu geben, muss man klein anfangen, weiß Werner Schmitt, Mitbegründer und Vizepäsident der internationalen Yehudi Menuhin Stiftung und Vorsitzender von MUS-E Deutschland. Und „klein“ meint er nicht im übertragenen Sinn. Denn seine Zielgruppe sind die Kinder, die in ihrer Entwicklung von den Künsten profitieren sollen.

MUS-E heißt das Bildungsprogramm, das Kindern die Begegnung mit den Künsten in der Schule ermöglicht. Kunstschaffende aus Theater, Bildender Kunst, Musik, Literatur oder Tanz realisieren in der Klasse kreative Projekte, um die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder zu fördern. „In den MUS–E-Stunden gibt es kein richtig oder falsch, es gibt keine Bewertungen und keine Noten“, erläutert Werner Schmitt die Intention. „Kinder sollen eigene Stärken erfahren und entwickeln. Der wertfreie Erlebnisraum hilft ihnen, die Künste als Ausdrucksform der eigenen Gefühle zu entdecken.“
Um aus der größtmöglichen Bandbreite zu schöpfen, wechseln die Kunstpaten und damit auch die Künstler halbjährlich.

Wie alles begann
Werner Schmitt, damals noch Direktor am Berner Konservatorium mit einem Etat über 10 Millionen und richtungsweisend für 150 Musiklehrkräfte und gut über 3000 Schüler, teilte mit dem Jahrhundertgeiger Yehudi Menuhin nicht nur die Leidenschaft für Musik, sondern auch deren pädagogischen Anspruch insbesondere für junge Menschen. Menuhin war seit seiner Kindheit bestrebt, die Welt durch Künste positiv zu verändern. Mit seiner Idee, den Künsten in der Gesellschaft einen angemessenen Stellenwert zu geben, rannte er beim damaligen Generaldirektor der UNESCO offene Türen ein. Daraus entstand 1991 die International Yehudi Menuhin Foundation mit Sitz in Brüssel. 1993 gründeten Yehudi Menuhin und Werner Schmitt gemeinsam das internationale künstlerisch-soziale Bildungsprogramm MUS-E, das sich zum Ziel gesetzt hat, allen Kindern den Zugang zur Kunst zu ermöglichen. Dieses Programm wird mittlerweile in 13 Ländern angeboten.


Seit 2013 gibt es in Deutschland den gemeinnützigen Verein MUS-E, der in fünf Bundesländern vertreten ist. Die Mayener Grundschule Hinter Burg ist dabei mit sechs Klassen die größte MUS-E-Schule in Rheinland-Pfalz. Die Kinder der dreizügigen Klassenstufen 1 und 2 erfahren in den MUS-E-Stunden die Sparten Bildende Kunst mit Malerei und Bildhauerei sowie Tanz und Theater. Dem MUS-E-Programm haben sich jüngst auch drei Andernacher Schulen angeschlossen.

Musikalische Familie
In Mayen ist Werner Schmitt kein Unbekannter. 1946 in Kottenheim geboren, verbrachte er in der Eifelstadt Mayen seine Kindheit und Jugend. Eine Zeit, mit der er viele wertvolle Erinnerungen verbindet. „Ich stamme aus einer Handwerkerfamilie, in der aktiv Musik betrieben wurde“, erzählt er.


Seine Leidenschaft zur Musik begann mit einer Blockflöte. Gerade mal 5 Jahre war er alt, als er seine Eltern anbettelte, unbedingt das Flötenspiel erlernen zu dürfen. „Dafür bist du noch zu jung“, meldeten sie ihre Bedenken an. Doch Werner war anderer Meinung und nutzte den Gang über den Lukasmarkt, um sich dort das begehrte Instrument zu kaufen. „Doch das muss so entsetzlich geklungen haben, dass meine Eltern recht zeitnah den Entschluss fassten, mir eine richtige Flöte zu kaufen“, erzählt er lachend. Professionellen Unterricht erhielt er dabei von seiner Tante.
Später galt sein Interesse dem Klavier. Unterricht nahm er bei Johannes Will, Gymnasiallehrer und Organist an der Clemenskirche in Mayen. Mit 16 Jahren schwenkte er um auf Cello. Dafür war er eigentlich schon zu alt, doch er wollte unbedingt zum Hochschulstudium nach Köln und bestand die strenge Aufnahmeprüfung. Dort schloss er schließlich mit dem Diplom als staatlich geprüfter Musiklehrer ab.
Als Cellist spielte er in großen Sinfonieorchestern, bereits als studentische Aushilfe in der Rheinischen Philharmonie Koblenz und später als stellvertretender Solo-Cellist im Orchester der Städtischen Bühnen Krefeld-Mönchengladbach. Nachdem er sich in die damals an der Uniklinik in Bern tätige Ärztin Dr. Regula Mannhart verliebt hatte, gewann er 1975 das Probespiel im Berner Symphonieorchester. 1976 heiratete das Paar. Seit nunmehr 46 Jahren lebt Werner Schmitt in Bern, hat drei erwachsene Kinder und fünf Enkelkinder. „Hier ist mein Lebensmittelpunkt“, sagt er.

„Mein Beitrag“
Werner Schmitt hat nach seiner Krebserkrankung vor neun Jahren Bilanz gezogen: „Wir müssen unseren Teil in der Gesellschaft beitragen“, sagt er nachdenklich. „Mein Ego ist weniger wichtig. Wichtig ist vielmehr mein Beitrag zur positiven gesellschaftlichen Entwicklung. MUS-E ist meine Herzensangelegenheit.“
Finanziert wird das international bewährte Programm in Deutschland noch ausschließlich über Spenden. „Aber“, mahnt Schmitt, „es ist nicht nur eine Sache von Privaten, sondern sollte auch von der öffentlichen Hand unterstützt werden.“ Entsprechende Anträge laufen bereits. Bis dahin wirbt der Verein MUS-E Deutschland e.V. und seine Mitarbeitenden weiterhin für sein Programm mit verschiedenen Aktivitäten wie Konzerte, Präsentationen etc... „Ich hoffe, dadurch einen Freundeskreis aus ehrenamtlichen Patinnen und Paten finden zu können, die den MUS-E-Gedanken in der Region mittragen und die Idee und das Programm moralisch und finanziell unterstützen.“ Denn das ist wichtig, errechnet sich doch der Aufwand für MUS-E im Jahr für eine Klasse insgesamt auf etwa 4 800 Euro.
Weitere Informationen auf: www.mus-e.de

Spendenkonten des Vereins MUS-E Deutschland e.V. sind eingerichtet bei der:
Volksbank RheinAhrEifel
IBAN DE70 5776 1591
0571 2525 00
Kreissparkasse Mayen
IBAN DE 33 5765 0010
0098 0603 61

Text: Edith Billigmann / Fotos: Edith Billigmann