Omas Geburtstag ebnete Weg in die Bundesliga


Torhüter Matthias Köbbing: Aus Ochtendung in die weite Fußball-Welt

Matthias Köbbing hat das geschafft, wovon die meisten kleinen Jungs träumen: Er ist Profi in der Fußball-Bundesliga. In Koblenz geboren und in Ochtendung aufgewachsen, ist der 25-Jährige über einige Stationen und Umwege beim 1. FC Köln gelandet.

Angefangen hat alles bei seinem Heimatverein SV 1919 Ochtendung. Dass Matthias Köbbing im Tor spielt, hat er einem Zufall zu verdanken. „An dem Tag, als die Trikots verteilt wurden, konnte ich nicht ins Training, weil meine Oma Geburtstag hatte. Als ich das nächste Mal da war, waren alle Trikots weg außer dem Torwarttrikot. Das hab ich genommen und nie wieder abgegeben“, erinnert sich Matthias, dessen Talent nicht lange verborgen blieb. Mit elf Jahren wechselte er zur TuS nach Koblenz. Zwei Jahre später kam die Anfrage von Mainz 05. Die Familie nahm große Anstrengungen auf sich, um Matthias seinen großen Traum vom Fußball-Profi zu erfüllen und so wurden unzählige Kilometer auf der Autobahn geschrubbt bei den täglichen Fahrten nach Mainz und zurück.
Mit 15 Jahren folgte der Wechsel zur TSG Hoffenheim. „Das war ein großer Schritt, als ich von zu Hause ausgezogen bin. Heimweh hatte ich aber wenig, ich war eigentlich immer auf Achse. Die Betreuung rund um die Uhr war sehr gut, das Konzept der TSG ist auch heute noch eines der besten in ganz Deutschland“, erinnert sich der Keeper, der drei Länderspiele für die U15-Nationalmannschaft absolvierte, gerne zurück an seine Zeit im Kraichgau, die ihn besonders geprägt hat und in der er auch seine Frau Catrin kennengelernt hat. Die Konkurrenz in Hoffenheim war groß mit dem heutigen Dortmunder Torwart Gregor Kobel. 2017 erhielt Köbbing, nach fünf Jahren bei der TSG Hoffenheim, seinen ersten Profi-Vertrag beim Zweitligisten 1. FC Heidenheim. „Das war genau der richtige Schritt, um den Männerfußball kennenzulernen. Heidenheim ist keine Großstadt, uns hat es auf dem Land mit unserem Hund gut gefallen“, so Matthias Köbbing.
Im Jahr 2019 ging es weiter ins Saarland zum FC 08 Homburg. Diese Station bezeichnet der 1,96 Meter große Schlussmann im Nachhinein als „verlorenes Jahr“. Dann kam Corona und der Ochtendunger stand am Scheideweg seiner Karriere. Durch seine guten Kontakte öffnete sich aber wieder eine neue Tür, denn sein ehemaliger Torwarttrainer aus Heidenheim, der mittlerweile bei der U21 des 1. FC Köln tätig war, erinnerte sich an Matthias und so ging es im Sommer 2020 weiter in die Domstadt. Da der dritte Torhüter der Profis Spielpraxis bei der U21 sammeln sollte, rückte Matthias nach und durfte bei der Bundesliga-Mannschaft mittrainieren. „Der Plan mit der U21 war dann schnell passé“, denn Matthias etablierte sich im Profi-Team. Zu Beginn des Jahres erhielt er einen Lizenzspielervertrag, der auf eine längerfristige Zusammenarbeit ausgelegt ist. Der sportliche Leiter Thomas Kessler bezeichnete Köbbing als „wichtigen Ansprechpartner unserer jungen Spieler. Mit seinen guten Leistungen im Torwartteam sorgt „Köbbes“ für ein konstant hohes Trainingsniveau.“
Der Alltag eines Bundesliga-Profis
Neben der täglichen Trainingsarbeit auf dem Platz hat Matthias organisatorisch einiges zu tun als Kassenwart. Die häufigste Strafe seien vergessene Kleidungsstücke, doch auch bei Gelben Karten bittet der Keeper seine Kollegen zur Kasse. Selbst bleibt er jedoch auch nicht verschont: Nachdem er während der Länderspielpause Ende März bei einem Testspiel eine Halbzeit lang die Kapitänsbinde trug, wurden dafür 500 Euro fällig. Sogar die Bild-Zeitung berichtete darüber, denn damit „rächte“ sich Trainer Steffen Baumgart am Kassenwart für eine zuvor verhängte Strafe. Das Geld, das in die Mannschaftskasse fließt, wird von den Profis übrigens gezielt und sinnvoll eingesetzt, z.B. für die Opfer der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr oder des Kriegs in der Ukraine. Neben der Funktion des Kassenwartes sieht sich Matthias Köbbing innerhalb der Mannschaft als Bindeglied zwischen den Stars wie Ex-Nationalspieler Jonas Hector oder Torjäger Anthony Modeste und den jungen Spielern.
Matthias lässt uns an seinem Alltag als Profi teilhaben: Bei einem normalen Bundesliga-Spieltag am Samstag um 15.30 Uhr steht für die Spieler, die es nicht in den Kader geschafft haben, morgens eine Trainingseinheit auf dem Programm. Anschließend sind Meet-and-Greet-Veranstaltungen, Kinder-Geburtstage oder ähnliche Termine angesetzt. Sonntags nach dem Spiel stehen Training für die Ersatzspieler bzw. Auslaufen und Yoga auf der Tagesordnung. Der Montag ist der einzige freie Tag in der Woche. Von Dienstag bis Freitag wird jeweils um 11 Uhr trainiert, wobei der Tag schon früher beginnt mit einem gemeinsamen (freiwilligen) Frühstück um 8.30 Uhr. Anschließend startet die Trainings-Vorbereitung. Von 11 bis ca. 13 Uhr wird dann konzentriert auf dem Platz gearbeitet und danach müssen die Profis rund eine Stude für die Nachbereitung der Trainingseinheit investieren. Stehen keine Interviews oder sonstigen Termine an, endet der Arbeitstag gegen 15 Uhr.
Der Trainer gibt immer Vollgas
Als dritter Torwart sind die Aussichten auf einen Einsatz in der Bundesliga gering. Dennoch hat Matthias Köbbing keinerlei Motivationsprobleme. „Ich muss damit leben können, nicht im Blickfeld zu stehen. Wenn die Stürmer wie Tony Modeste oder Seb Andersson donnerstags nach dem Training noch Abschlüsse üben wollen und ich mich dafür ins Tor stelle, hat das vielleicht nur kleine Auswirkungen für das Spiel am Wochenende, kann aber dennoch entscheidend sein. Ich lebe den Teamgedanken, den der Trainer absolut krass in den Vordergrund stellt, so wie ich es noch nie erlebt habe. Ich bin stolz, Teil einer Bundesliga-Mannschaft sein zu dürfen.“ Apropos Trainer: Steffen Baumgart hat in Köln viel verändert und begeistert nicht nur die Fans, sondern auch die Profis: „Er gibt jeden Tag bei jedem Training Vollgas. Es war die richtige Entscheidung, solch einen Trainer zu holen. Denn wir brauchen als Mannschaft dieses Feuer.“
Die Karriere nach der Karriere im Blick
Matthias Köbbing ist sich bewusst, welches Privileg er als Fußball-Profi genießt. „Wenn man normal im Kopf geblieben ist, dann weiß man, was andere machen müssen für ihr Geld.“ Er gibt aber auch zu bedenken, dass das Fußballer-Leben viele Entbehrungen erfordert: „Fußball im Profi-Bereich ist nicht das Gleiche wie in der Kreisliga. Man muss auf vieles verzichten. Ich war in den letzten Jahren auf keiner Hochzeit, auf keiner Taufe, sondern musste immer absagen.“ Der Torhüter weiß, dass die Zeit als Profi begrenzt ist, daher absolviert er ein Fernstudium im Tourismus-Management. „Wenn alles planmäßig läuft, bin ich nächstes Jahr im März fertig. Vielleicht hänge ich noch ein zweites Studium dran. Mit zwei Bachelor-Abschlüssen und dem guten Netzwerk mit vielen Kontakten durch den Fußball bin ich guter Dinge, auch nach der Karriere eine erfüllende Aufgabe zu finden“, sagt der bodenständige Fußballer, der seine Wurzeln in Ochtendung nicht vergessen hat. „Meine Familie wohnt dort. Ich kann mir gut vorstellen, später einmal dahin zurückzugehen.“
Aktuell fühlt er sich jedoch wohl in Düren. „Von Köln selbst habe ich wegen Corona nur wenig mitbekommen und leider auch noch keinen Karneval erlebt. Catrin und ich sind keine Stadtmenschen. Wir wohnen ganz am Rand in der Nähe von Feldern und Wiesen, das ist perfekt für Spaziergänge mit dem Hund.“ Und bald auch perfekt für Spaziergänge mit dem Kinderwagen, denn das Paar erwartet Ende Juni zum ersten Mal Nachwuchs.

Text: Daniel Korzilius/Fotos: 1.FC Köln