Der Limburger Ralf Josat, seit den 80er Jahren Chef der Limburger Tanzschule „Tanz-Centrum Josat-Dörr“, gehört zu dieser Gruppe und wurde später der „Vater“ der Ragazzi. Sie ist seit vielen Jahren die wohl erfolgreichste Showtanzformation Deutschlands mit einem Weltmeisterpokal in der Vitrine.
„Als Kind hatte ich eine schöne Stimme“, erzählt Ralf Josat ganz unprätentiös aus seiner frühen Jugend. Er sei noch keine 10 Jahre alt gewesen, als er bei einer Karnevalssitzung der Blauen Funker auf der Bühne im Georgshof gesungen habe. Ein wenig getanzt habe er bei dieser Gelegenheit auch schon. Ein Plattenproduzent sei damals auf ihn aufmerksam geworden.
Mit zehn Jahren hatte „Ralf“ seine erste Schallplatte. Das Lied der A-Seite trug den Titel „Wir warten jeden Sonntag auf Bonanza“. Wäre es nach seinem damaligen Produzenten gegangen, hätte er der deutsche „Heintje“ werden sollen. „Hat aber nicht funktioniert“, sagt Ralf Josat ganz ohne Groll in der Stimme.
Aber er erinnert sich gern an diese Zeit. Damals habe er viele Stars kennengelernt. Dazu gehörten zum Beispiel Roberto Blanco sowie Cindy und Bert. Für das Gesangsduo war er als Vorgruppe aufgetreten. Noch heute hat er Kontakt mit Cindy. Getanzt habe er damals auch schon auf der Bühne. Seit seinem 8. Lebensjahr war er Ballettschüler im Walderdorfer Hof in der Limburger Altstadt. Seine Eltern hätten ihn nie zu einer Gesangs- oder Tanzkarriere gedrängt. „Mir hat es einfach Spaß gemacht“, erinnert er sich an diese Zeit.
Schulausbildung und erste Schritte auf der Theaterbühne
„Das hat mein Leben verändert“, erzählt er, wenn er auf die Zeit in der Tilemannschule zu sprechen kommt. Dr. Heinz Böhlen hatte ihn in die Spielschar des Gymnasiums aufgenommen. Das erste Stück, an dem er mitwirkte, war ein Musical, bei dem er sich auch schon als Choreograph betätigte.
Trotz eines Studiums der Betriebswirtschaftslehre in Wiesbaden nach dem Fachabitur in Limburg, ließ ihn die Schauspielerei nie mehr ganz los. Es war nie die ganz große Karriere, sagt er selbst, aber es gab mehrere kleine Rollen zum Beispiel in „Unter uns“ und „Verbotene Liebe“. Seine Eltern hatten zu dieser Zeit noch immer die Hoffnung, er würde „etwas Vernünftiges“ lernen.
Aber die Weichen standen in eine andere, dennoch erfüllende, aufregende und glückliche berufliche Zukunft.
In seiner Wiesbadener Zeit kam er in Kontakt mit einer ehrwürdigen, alten Tanzschule, die ganz klassisch „Standard und Latein“ unterrichtete. Gemeinsam mit ihm hatte die junge und sehr ambitionierte Maria Dörr dort ihren ersten Arbeitstag. Beide freundeten sich schnell an und sind auch nach Jahrzehnten heute noch allerbeste Freunde.
„Es war eine harte, aber sehr erfüllende Zeit in der Wiesbadener Tanzschule“, blickt Ralf Josat auf diese Zeit zurück. 70 Arbeitsstunden in der Woche seien normal gewesen. Die erfolgreiche Entwicklung der Tanzschule war der Lohn dieser Arbeit.
Limburg ist die Wahl für die Selbständigkeit
Wer genau die Idee hatte, ist heute gar nicht mehr so leicht zu klären. Ist den beiden aber ganz offensichtlich egal. Maria Dörr sagt jedenfalls heute, sie habe die Idee toll gefunden, in Limburg eine Tanzschule zu eröffnen.
Im Frühjahr 1986 kam Maria Dörr erstmals in ihrem Leben nach Limburg. Mit Ralf Josat mieteten die beiden stundenweise Räume im Ruderclub und ließen Handzettel mit ihrem Tanzkursangebot drucken. Das Tanz-Centrum Josat-Dörr war damit geboren.
Nach den Erfahrungen in Wiesbaden, wollten die beiden Jungunternehmer einiges anders machen. So war auch der allererste Tanzkurs nicht aus den Bereichen Standard oder Latein, die natürlich auch unterrichtet wurden. Es war Jazzdance. Sonntags gab es einen Tanzkreis. Besonders stolz sind die beiden, dass Paare von damals noch heute zum Tanzen in die Tanzschule an der Lahn kommen.
„Ich wollte die Tanzschule eigentlich nur kurzfristig machen“, erinnert sich Ralf Josat bei einem Kaffee in den inzwischen längst modernisierten Räumen des Tanz-Centrums. Die teils sehr großen Räume werden inzwischen auch für Veranstaltungen genutzt.
Es kam aber anders. Sie hatten schnell Erfolg. Beide zogen um. Ralf Josat zunächst nach Diez, später in die Limburger Altstadt. Maria Dörr in die Wohnung über der Tanzschule. Die 70-Stunden-Woche in Wiesbaden war bald nur noch eine Erinnerung, die allerdings in den ersten Jahren in Limburg noch getoppt wurde.
Heute, aus Maria Dörr war Maria Koch geworden, die sich zwischenzeitlich aus der Leitung der Tanzschule zurückgezogen hatte, stehen die beiden erfolgreichen Tanzlehrer kurz vor ihrem 40jährigen Tanzschuljubiläum. So kann sich eben ein kurzfristiges Projekt entwickeln, wenn es Erfolg hat.
Den größten Erfolg ihrer Arbeit konnten die beiden 1986 aber noch gar nicht absehen.
Großartige Erfolge mit Showtanzformationen
Seit den Anfängen in der Tilemannschule hatte Ralf Josat das Thema Choreographie nicht mehr losgelassen. Ab 1987 gab es die Piccolo-Show, die sich aus Theaterkollegen sowie Tanzschülerinnen und -schülern zusammensetzte und für die er die Tanzfiguren zusammenstellte und die Shows choreographierte. „Ralf hatte immer tolle Ideen, auch bei der Musikzusammenstellung“, erinnert sich Maria Koch. Darüber hinaus konzipierte er die Show Acts der Modenschauen für den Limburger CityRing und stellte unter anderem eine Show für Opel bei der IAA in Frankfurt und für RTL auf der „Boot“ in Essen auf die Beine.
Nach einem ersten erfolgreichen Tanz- und Showspektakel 1989, gründete das Tanz-Centrum Josat-Dörr ein Jahr später eine eigene Showtanzformation – die Ragazzi. Seit dem Tag der Gründung, sagt Ralf Josat, „hängt mein Herz an den Ragazzi.“ Bis 1995 leitete er diese Gruppe ambitionierter Tänzerinnen und Tänzer selbst. 1996 übernahm Sven Seewald das Team und führte es weiter von Erfolg zu Erfolg. Heute umfasst Ragazzi and Friends mit seinem ausgesuchten Trainer- und Choreographenteam noch immer über 60 Personen
Ralf Josat hatte in den rund 30 „Ragazzi-Jahren“ den Kontakt zum Fernsehen nie ganz verloren. Im SWR war er als Tanzlehrer bei Fernsehtanzkursen zu sehen. Und längst sind die Ragazzi fester Bestandteil der Faschingssendung im Hessischen Rundfunk. Im ZDF wurden sie zum Fernsehgarten eingeladen.
Die Showtanzformation gehört sicher zu den erfolgreichsten Ensembles ihrer Art weltweit. 20-mal errangen sie die deutsche Meisterschaft, bei zwei Wettkämpfen wurden sie Europameister, einmal sogar Weltmeister und bei fünf Gelegenheiten konnten sie den World-Cup mit nach Limburg bringen. Weitere internationale Titel belegen die zahlreichen Pokale in den Vitrinen der Tanzschule.
Ehrung durch die Heimatstadt und Eintrag ins goldene Buch
Im Jahr 2013 gab es ganz besonders strahlende Gesichter. Die Ragazzi des Tanz-Centrums Josat-Dörr wurden Weltmeister.
Nach dem Gewinn dieser Weltmeisterschaft im sächsischen Riesa wurde den Ragazzi noch eine besondere Ehrung der Stadt Limburg zuteil. Auf Einladung des damaligen Bürgermeisters, Martin Richard, wurde Ralf Josat, Trainer Sven Seewald und die Ragazzi im Limburger Rathaus geehrt und durften sich in das Goldene Buch der Stadt eintragen. Die jungen Sportlerinnen und Sportler würden mit ihren Leistungen ein „positives Bild von Limburg in die Welt tragen“, so Martin Richard bei der Ehrung. Alle Limburgerinnen und Limburger könnten darauf stolz sein.
„Bei den Auftritten während der Meisterschaften oder im Fernsehen sieht das alles leicht und locker aus“, erzählt Ralf Josat. Aber – und dies glaubt man ihm sofort – es ist für alle Beteiligten harte Arbeit. Die Tanzlehrer unterrichten am Tag und trainieren die Ragazzi am Abend und fahren dann noch zu Auftritten oder Wettbewerben. Die Tänzerinnen und Tänzer selbst müssen neben der Schule und Hausaufgaben, bzw. Ausbildung oder Arbeit, viele Stunden Training investieren.
Auch die Eltern der Ragazzi waren und sind sehr intensiv eingebunden. Die einen designen und schneidern die Kostüme. Die anderen bauen die Dekoration und sorgen für den Auf- bzw. Abbau auf der Bühne. Und schließlich muss auch oft noch der Fahrdienst zu Auftritten und Wettbewerben organisiert werden.
Weltmeisterlich auch in Verbandsarbeit
Inzwischen tanzen schon die Enkel der ersten Tänzer des Tanz-Centrums Josat-Dörr. Maria Koch ist längst nicht mehr in der Geschäftsführung, oder als feste Tanzlehrerin aktiv. Dennoch kann sie nicht ganz von den Tanzsälen am Lahnufer lassen. Hin und wieder kommt sie einfach nur mal so vorbei, oder hilft bei einer Stunde aus, wenn ein Tanzlehrer krank geworden ist. Sie sagt selbst: „Die Tanzschule ist der Ort, wo mein Herz aufgeht.“ Tatsächlich taucht der Name Maria Koch immer einmal wieder in den Räumen der Tanzschule auf. Mal sind es die aktuellen Tanzlehrer, die ihren Namen nennen und sie zitieren. Mal sind es die Tanzschüler, die sich an den Kurs bei „Maria“ erinnern, oder an die Tipps zur richtigen Körperhaltung beim Wiener Walzer.
Im Rückblick war das Konzept aus Sicht von Ralf Josat und Maria Koch seit der Gründung richtig. „Wir haben sehr viel Arbeit und Herzblut investiert und neben den klassischen Tänzen immer auch Neues und Modernes angeboten“, erzählt Ralf Josat im Rückblick. Er erinnert sich an einen ganz frühen Lambadakurs, an dem sich über 30 Paare beteiligt haben.
Inzwischen hat sich Ralf Josat weitestgehend aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Andere Tätigkeiten sind dafür stärker in den Vordergrund getreten. Bereits seit 30 Jahren ist er Wertungsrichter für die verschiedensten Tanzrichtungen der „Performing Arts“ wie zum Beispiel Show-, Jazz- und Modern-Weltmeisterschaft die unter anderem am Broadway in New York stattfanden. Seit 2012 ist er Präsident des Turniertanzverbands TAF und im vergangenen Jahr wurde er Vizepräsident der weltweit organisierten IDO, der „International Dance Organisation“.