Kalkwerk Schäfer


Auch nach 160 Jahren ist das Familienunternehmen Innovationstreiber bei Kalkprodukten

Der Ur-, Ur-, Urgroßvater der heutigen Eigentümer wollte Ziegel brennen und hatte deshalb Mitte des 19. Jahrhun derts ein Tonvorkommen in Hahnstätten gekauft. Der Ton überlagerte jedoch auch ein großes Kalkvorkommen. Heute lässt das Loch, das Johann Schaefer und seine Männer mit Spaten zu graben begonnen hatten, im wahrsten Sinne des Wortes tief blicken. Jeden Tag gibt es auch heute noch Auto- und Fahrradfahrer, die auf der Bundesstraße 54 von Diez kommend, an diesem Loch, dem Laybruch, anhalten, Handy oder Kamera zücken und Fotos machen. Der Laybruch vor den Toren der Gemeinde Hahnstätten, hat einen Durchmesser von bis zu 600 Meter, die Gesamtfläche beträgt über 30 Hektar, was über 30 Fußballfeldern entspricht.

Aktuell beträgt die Tiefe rund 140 Meter. 50 weitere Meter kommen in den nächsten Jahren noch dazu. Dann ist die Sohle des Laybruchs 30 Meter unter dem Meeresspiegel.

Große Kalkmengen in höchster Qualität

Mitte des 19. Jahrhunderts war Johann Schaefer auf der Su che nach Ton und war, im Anschluss an die Verwendung des Tons für die Ziegelherstellung, auf Kalk gestoßen. Nicht irgendein Kalk, sondern Kalkvorkommen in einem großen Ausmaß und von besonderer Reinheit. Bei dem Vorkommen handelt es sich um mitteldevonischen Massenkalk (Riff kalk), der rund 380 Millionen Jahre alt ist. Damals lag diese Region noch in der Nähe des Äquators. Die Massenkalke aus Hahnstätten gehören zu den reinsten Kalksteinvorkommen in Europa. Der Anteil des Calciumcarbonats im Gestein liegt teilweise bei 99 Prozent. Johann Schaefer nutzte die Chance, die ihm der Kalk bot. Er begann den Kalk zu brennen und verkaufte ihn in der nä heren Umgebung für einfache Anwendungen. Die nächste Generation der Familie konnte dann schon die Eisenbahn für den Transport nutzen und hatte damit deutlich mehr Möglichkeiten für den Vertrieb. Trotzdem blieb das Geschäft über 100 Jahre eher regional geprägt. Das Unternehmen wurde größer und auch langfristig erfolgreich, wenn auch nicht immer alles gradlinig verlief. Mit verantwortlich waren dafür natürlich auch die damaligen Kriege, ob der deutsch-französische Krieg 1870/1871, oder der 1., bzw. der 2. Weltkrieg. Prägend für die Unternehmensent wicklung über die Generationen war jedoch die stetige Entwicklung neuer Märkte und Anwendungsgebiete sowie die beständige Investition in die jeweils modernste Technologie.

Seit den 1970er Jahren Expansion auf dem Weltmarkt

Insbesondere in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhun derts, so Dr. Kai Schaefer und Heike Horn, die heutigen Geschäftsführer, habe sich die Entwicklung des Unterneh mens beschleunigt. Zunächst hatte man sich auf den eu ropäischen Markt konzentriert. Später sei Südostasien da zugekommen, das zunächst von Deutschland aus beliefert worden war. Das direkte Engagement in Südostasien begann in den 90er Jahren in Malaysia. 1997 sei man dort in Betrieb gegangen und damit gleich in der asiatischen Finanzkrise gelandet. „Aber wir haben durchgehalten“, sagt Kai Schaefer. Dies war eine gute Entscheidung, denn heute sei dies ein „veritables Engagement“. Von Malaysia erfolgen die Lieferungen in den asiatischen Raum bis hin nach Südafrika und Australien. Seit 2005 hat Schaefer Kalk auch eine eigene Produktion in China. Auch in Deutschland ging es vorwärts. Das Kalkwerk in Steeden gehört inzwischen auch zum Familienunterneh men. In der Nähe des Laybruchs in Hahnstätten wurde ein weiterer Steinbruch mit hochwertigem Kalksteinvorkom men erschlossen – der Merschelbruch. Auch er hat gewaltige Dimensionen. Er erstreckt sich über eine Fläche von rund 20 Hektar und hat einen Durchmesser von rund 500 Metern. Heute noch sind alle Gesellschafter von Schaefer Kalk aus der Familie. Kai Schaefer und Heike Horn sehen darin große Vorteile. Als Eigentümer habe man eine andere Art der Verant wortung. Man könne zudem langfristiger denken und habe mehr Freiheiten, ohne ständig auf den Aktienmarkt blicken zu müssen. Genau daraus entwickele sich auch das nachhal tige und innovative unternehmerische Handeln. Entschei dungen könnten so schnell getroffen und umgesetzt werden.

Verantwortung und Engagement auch für andere

Schon sehr früh war den jeweils verantwortlichen Schaefers klar, dass sie den Erfolg ihres Unternehmens vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken hatten. So gehörten eine betriebliche Krankenversicherung und ein Unterstützungsverein schon in der Frühzeit des Unterneh mens zum Standard. Weitere Sozialleistungen wie eine be triebliche Altersversorgung und andere Benefits kamen im Laufe der Zeit hinzu. Zahlreiche Beschäftigte danken dies mit jahrzehntelanger Betriebszugehörigkeit, oft über meh rere Generationen. Auch in Verbänden engagieren sich die Schaefers seit Gene rationen. Ob im Energieausschuss und Präsidium des Bun desverbands der Deutschen Industrie, als Präsident des Baus toffverbands, oder im Vorstand des deutschen Kalkverbands, immer bringen sie ihre Erfahrung und ihr Engagement für die Interessen der ganzen Branche ein. „Man muss auch dort Ver antwortung übernehmen“, sagt Kai Schaefer. Er und die anderen Gesellschafter engagieren sich auch in der Region. Zahlreiche Sponsorings und finanzielle Hilfen für zum Beispiel kulturelle Veranstaltungen, Sportvereine, Feuerwehren, Kindergärten und das Rote Kreuz sprechen für das gesellschaftliche Engagement und das Verantwor tungsbewusstsein auch der aktuellen Generation. Ein besonderes Projekt war und ist das alte Kalkwerk an der Stadtgrenze zwischen Limburg und Diez. Das Gelände ist nicht nur ein attraktives Wohngebiet geworden, sondern bietet auch jungen Menschen und Künstlern zahlreiche Möglichkeiten. Es gibt Kunstateliers, Proberäume für junge Leute, die ungestört Musik machen wollen. Das Kalkwerk festival ist seit vielen Jahren im Kulturkalender der Region fest etabliert. Und der Anteil daran von Schaefer Kalk? „Wir stellen das Gelände zur Verfügung und helfen schon mal fi nanziell aus“, sagt Heike Horn, „aber das Kalkwerk soll sich grundsätzlich selbst tragen und tut dies auch.“ Kultur ist ihnen sehr wichtig. Deshalb unterstützen sie als Unterneh men auch die Oraniensteiner Konzerte.

Zahllose Anwendungen bis in jedes Badezimmer

Voraussetzung hierfür ist aber immer der unternehmeri sche Erfolg, der im Mittelpunkt der Arbeit der geschäftsfüh renden Gesellschafter steht. So haben sie es auch geschafft, ein Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln, hochwertigste Kalkprodukte, maßgeschneidert für jeden Kunden. Und die se Kunden kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie der chemischen Industrie, der Stahlindustrie, der Papier industrie und dem Umweltschutz. Allein in der Bauindust rie gibt es zahllose Anwendungen, die jeweils ganz unter schiedliche Kalkprodukte benötigen. Sind die Anwendungen im Baubereich den meisten Menschen noch bekannt, oder wurden sogar selbst beim Hausbau oder der Renovierung genutzt, gibt es tägliche Kalk-Nutzungen, die den meisten unbekannt sind. Wer bei Kopfschmerz eine Tablette schluckt, nimmt auch immer ein wenig Spezialkalk zu sich, der als Trägerstoff genutzt wird. Dies gilt auch für andere pharmazeutische Produkte und Lebensmittel. Kalk kommt auch in der Wasser- und Abwasserbehandlung zum Einsatz. Sowohl bei der Trinkwasseraufbereitung als auch bei der Abwasserbehandlung werden Kalkprodukte eingesetzt. Und das in dessen Alter. Ist doch das Ausgangsprodukt – der Kalkstein – schon rund 380 Millionen Jahre alt.

Umweltbewusstsein als Teil der Unternehmensphilosophie

Kalkabbauen und Kalk brennen ist sehr energieintensiv und bedeutet immer auch einen Eingriff in die Natur. Um diesen Zusammenhang weiß das Unternehmen natürlich. Das Bren nen des Kalks ist auch sehr CO2 -intensiv. Pro Tonne gebrann ten Kalk ist es eine Tonne CO2 . Schaefer Kalk arbeitet daher intensiv daran, den CO2 - Ausstoß zu reduzieren oder wo dies nicht möglich ist, um diesen Stoff künftig aufzufangen, wei ter zu verwenden oder zu speichern. Man beteiligt sich des halb auch an Forschungsprojekten zur Dekarbonisierung. Bis 2045 will man die CO2 -Neutralität erreicht haben. So plant man unter anderem zwei Photovoltaikanlagen auf den jeweiligen Abraumhalden in Hahnstätten und Steeden. Die ge plante Anlage in Hahnstätten soll eine Leistung von 9 MWp haben, die Anlage in Steeden 5 MWp. Damit könne man rund 20 Prozent des eigenen Strombedarf decken. Später kann sich das Unternehmen auch die Nutzung von Strom aus Windkraft vorstellen. Für das innovative Produkt Precaphos, mit dem die Phosphatausfällung bei der Wasseraufbereitung optimiert werden kann. hat die Firma Schaefer Kalk 2022 schon einmal den Innovationspreis des Landes Rheinland-Pfalz erhalten. Mit dem gestiegenen Umweltbewusstsein in der Bevölkerung sei auch das Thema Energieversorgung und insbesondere die Neuerschließung eines Steinbruchs deutlich schwieriger und komplexer geworden. So dauerten Genehmigungsverfahren schon einmal zehn Jahre und seien sehr teuer. Längst habe man aber verinnerlicht, solche Projekte nicht gegen, sondern mit den Menschen vor Ort zu planen und umzusetzen.

Der Laybruch lässt tief blicken

Auf absehbare Zeit ist die Kalkproduktion am Standort Hahnstätten mit einem gesicherten Vorkommen für die nächsten 50-60 Jahre gesichert. Am Standort Steeden läuft das Genehmigungsverfahren für einen neuen Steinbruch. Viel Zeit für Auto- und Fahrradfahrer, um am Laybruch einmal anzuhalten und einen Blick auf die tiefste Stelle Deutschland zu werfen.