Hausboot


Hausboot im Schlossereibetrieb
Zwei Freunde und eine spektakuläre Idee

Entschleunigung, Freiheit und Verbundenheit mit der Natur – das ist es, was Simon Nink mit seinem Hausboot verbindet. Und Stolz. Zu Recht, denn der Metallbaumeister aus Schönborn startet im Januar 2023 mit seinem Freund Max Schupp in das außergewöhnliche Abenteuer, ein Hausboot zu bauen. Das Besondere an diesem Projekt: Weder Nink noch Schupp haben auch nur ansatzweise Ahnung vom Bootsbau.

Ausflug mit Folgen

„Schuld“ an dem Projekt ist Max Schupp, der vor rund sechs Jahren bereits ein neun Jahre altes Hausboot gekauft hat. „Nimm es dir doch einfach mal und probiere es aus“, drängt er seinen Freund Simon immer wieder. Doch der lehnt ab. „Ich bin leidenschaftlicher Angler und habe unendlich viele Stunden mit dem Schlauchboot auf der Lahn verbracht. Was sollte also an einem Hausboot so besonders sein?“

Schupp lässt nicht locker. Im August 2022 betritt Nink das erste Mal das Boot, das in Balduinstein am Anleger liegt. Der Ausflug bleibt nicht ohne Folgen, denn keine 100 Meter vom Liegeplatz entfernt, wird Nink klar: „Ich will mein eigenes Boot.“ Der 38-Jährige ist sofort in den Bann gezogen von dieser doch so anderen Art, auf dem Wasser zu sein. „Es ist wie in einer Blase“, beschreibt er das Gefühl, „man ist zwar von anderen Menschen umgeben, hat aber dennoch Privatsphäre. Außerdem ist man mitten in der Natur und dabei noch völlig autark.“ Eines jedoch steht für ihn sofort fest: Er will das Boot selbst bauen. „Nur so wird es exakt so, wie ich es haben möchte, ohne Abstriche machen zu müssen“, erklärt er.

Bootsbau in Eigenregie

Zwei Wochen und einige Recherchearbeiten später erzählt er Schupp von seiner Idee. Der 34-Jährige ist sofort begeistert. Da er bereits über den Verkauf seines in die Jahre gekommenen Bootes nachgedacht hat, schlägt er vor, direkt zwei Boote zu bauen – „Damit jeder eines hat.“ Gesagt getan. Nink macht Skizzen, baut Modelle, sieht sich unzählige Videos an, studiert seitenweise Fachliteratur. In jeder freien Minute informiert er sich über alles, was man über den Bootsbau wissen muss. So wird er zum Autodidakten und überrascht Schupp an Weihnachten mit einem ganz besonderen Geschenk. Die Zeichnungen sind fertig und liegen verpackt bei seinem Freund vor der Tür.

Im Januar 2023 geht es los. Unmengen Material flutet in kürzester Zeit den Hof der familiengeführten Bau- und Kunstschlosserei in Birlenbach, der für die nächsten Wochen und Monate zur Baustelle für die Boote wird. Unterstützung bekommen sie von dem technischen Ingenieur Jens-Uwe Groh, der mit Rat und Tat zur Seite steht, auf einzuhaltende Normen hinweist und letztendlich auch die Schiffsabnahme durchführt.

Größe und Gewicht haben oberste Priorität

Das Wichtigste war den Familienvätern, ein kompaktes Boot zu bauen, das schnittig und für jeden noch so unerfahrenen Kapitän einfach fahrbar ist. Einen Bootsführerschein benötigt man zum Steuern eines solchen Hausbootes nämlich nicht. „Obwohl die Lahn ein guter und leicht befahrbarer Fluss ist“, sagt Nink, „sind die meisten Boote relativ groß und schwer und damit recht träge und umständlich zu manövrieren.“ Die Freunde stehen somit vor der Herausforderung, Technik und Komfort eines üblichen Hausbootes auf ihr Hausboot zu komprimieren, das gerade einmal 30m² Grundfläche und 13m² Wohnfläche messen wird. Natürlich steht die Funktionalität im Vordergrund, auf gutes Design und einen gewissen Luxus, wie eine geräumige Außenterrasse beispielsweise, will jedoch keiner der beiden verzichten.

Perfektes Team geht an seine Grenzen

Zum Glück mangelt es weder Schupp noch Nink an Kreativität und handwerklichem Geschick. Über 1000 Arbeitsstunden investieren die Freunde in ihr Projekt – pro Boot. Immer wieder müssen sie etwas umplanen, arbeiten dabei lösungsorientiert, ruhig und sachlich. Die Zeit drängt, denn bereits im Juli werden die Boote in die ersten Vermietungen gehen. So arbeiten sie gerade in den letzten vier Wochen täglich bis spät in die Nacht und gehen an ihre körperlichen und mentalen Grenzen.
Während andere die Sonne genießen, sitzen Schupp und Nink bei brütender Hitze in ihren Booten, sägen, hämmern, schrauben, verlegen Kabel. Ihre Familien bekommen sie zu Hause gar nicht mehr zu Gesicht. Nicht verwunderlich, dass auch die Ehefrauen und Kinder es nicht mehr erwarten können, die Boote endlich im Wasser liegen zu sehen, damit wieder ein normales Familienleben einkehren kann. Natürlich sind auch sie täglich vor Ort, versorgen ihre Jungs mit warmen Mittagessen, kalten Getränken und Motivation. Mit Leidenschaft, Ehrgeiz und Disziplin entstehen so innerhalb von sechs Monaten zwei Hausboote, die über alles verfügen, was man braucht. Durch ihre überschaubare Größe sind sie zudem gemütlich und harmonisch.

Transport mit Tücken

Am 23. Juni 2023 ist der große Tag, an dem die Boote in Fachingen zu Wasser gelassen werden sollen. Ein nicht unkompliziertes Unterfangen, das den beiden Bootsbauern schlaflose Nächte bereitet. Der Hof der Schlosserei ist eben keine Werft und Birlenbach nicht ausgelegt für das Manövrieren von Hausbooten. Somit müssen die Boote per Autokran vom Hof auf Tieflader geladen und die knapp 1,5 km nach Fachingen transportiert werden. Eine spektakuläre Aktion, die den Berufsverkehr lahmlegt und die beiden Freunde vor eine letzte Nervenzerreißprobe stellt.
Jungfernfahrt nach Balduinstein
Die Hürden werden erfolgreich bewältigt und die Boote zu Wasser gelassen. Mit dem „Eisvogel“ und dem „Kormoran“ fahren die beiden Kapitäne nach Balduinstein – ein ganz besonderer und absolut unvergesslicher Moment. Während sie auf den Anleger zufahren, werden sie von ihren jubelnden Freunden und Familien mit Glückwunsch-Bannern und Konfettiregen in Empfang genommen. Überwältigt gehen Nink und Schupp an Land und lassen sich feiern. Endlich fällt die Anspannung der letzten Monate von ihnen ab – sie sind erschöpft und glücklich zugleich.

Glück muss man teilen

Einen mittleren fünfstelligen Betrag hat das Projekt pro Boot gekostet, da sind die Arbeitsstunden der beiden Bootsbauer nicht mitgerechnet. Dass die Boote in die Vermietung gehen werden, stand somit von Anfang an fest. Bei der Vermietung werden jedoch nicht einfach nur Aufträge angenommen. Ihnen ist die persönliche Ebene wichtig, sie telefonieren mit den Interessenten und tauschen sich mit diesen aus. Schwer, ihre Boote mit fremden Menschen zu teilen, fällt es ihnen aber nicht. Im Gegenteil. „Es gibt mir immer ein gutes Gefühl, wenn die Kunden eine tolle Zeit auf dem Boot haben und glücklich zurückkommen“, sagt Nink.
Viele haben den gleichen Aha-Effekt wie er, wenn sie das erste Mal mit dem Boot in See stechen und berichten von ähnlichen Eindrücken, wie auch die Vermieter selbst sie haben. Nicht nur die Zeit inmitten der Natur genießen, auch die Leidenschaft und Perfektion, die Schupp und Nink in ihre Boote gesteckt haben, ist für die Kunden spürbar und macht den Urlaub zu einem besonderen Erlebnis.

BUCHUNGEN & INFOS
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Text: Jasmin Rumpf
Fotos: privat

Text: Jasmin Rumpf