Am Nürburgring, einer der legendärsten Rennstrecken der Welt, trifft man den jungen und talentierten Rennmechaniker Niklas Lynn. Der sympathische 23-Jährige wurde am 30. Juli 2000 in Adenau, im mittlerweile geschlossenen St. Josef-Krankenhaus, geboren. Damit ist er nicht nur wegen der Arbeit seines Vaters direkt im deutschen Epizentrum des deutschen Motorsports aufgewachsen. Seine Geschichte ist die eines jungen Mannes mit einem Traum, der seine Leidenschaft für den Motorsport zum Beruf gemacht hat und heute durch sein Fachwissen und seine Hingabe beeindruckt. Niklas Lynn ist ein Name, der in den Fahrerlagern des deutschen Motorsports immer häufiger fällt, wenn es darum geht, einen fähigen Rennmechaniker zu benennen. Und das, obwohl er erst wenige Jahre in der Branche aktiv ist.
Festes Ziel seit Kindertagen
Sein Weg in diese faszinierende und herausfordernde Szene begann schon in frühester Kindheit. Sein Vater, Frank Lynn, war 30 Jahre lang im Motorsport tätig, davon zehn Jahre als Teammanager beim Meuspather Phoenix Racing von Ernst Moser. „Ich wurde quasi hineingeboren“, erklärt Niklas nicht ganz ohne Stolz. Bereits als Kind war er von Rennwagen und der Atmosphäre an der Strecke fasziniert. Er beschreibt den Nürburgring als großen Spielplatz und natürlich als zentrales Thema seiner frühen Lebensjahre.
Seine berufliche Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker begann er nach der Schulzeit beim mendiger Motorsportteam Rinaldi-Racing. Später wechselte er zum kultigen Frikadelli Racing von Klaus Abbelen und Sabine Schmitz, um dort seine Ausbildung abzuschließen. Dort lernte er auch die berühmte und leider viel zu früh verstorbene Rennfahrerin und zweifache 24h-Nürburgring-Siegerin Sabine Schmitz richtig kennen – eine sympathische Persönlichkeit, die ihn seit 2010 maßgeblich prägte.
Seit 2017 ist Niklas nun aktiv im Motorsport tätig. Schon im Teenageralter war für ihn klar, dass er diesen Karriereweg einschlagen möchte: „Es gab für mich eigentlich keine andere Option." Diese Entschlossenheit führte ihn dazu, nicht nur in der Praxis zu arbeiten, sondern auch weiterführende Pläne zu schmieden. Seit September studiert er Maschinenbau, um seine Kenntnisse zu vertiefen und sich neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. „Ich will auch nicht auf dem heutigen Stand bleiben", erklärt der 23-Jährige.
Niklas Lynn hat sich in der Motorsportwelt bereits einen Namen gemacht, indem er für verschiedene Teams und Projekte arbeitete. Als Freiberufler ist er heute flexibel und begleitet unter anderem Teams, die in der GT World Challenge, VLN oder der DTM starten. Auch beim letztjährigen 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring war er dabei, welches er mit dem Team Frikadelli und dessen Ferrari „Bella“ gewann. Dieser Sieg war für den jungen Eifelaner, der mittlerweile in München in einer Mechaniker-WG lebt, ein emotionaler Höhepunkt. „Das Rennen war ein Auf und Ab. Es war spannend, aber das Gefühlschaos nach dem Rennen – Freude, der Druck fällt ab, man hat das Rennen gewonnen – ist unbeschreiblich."
Ein typischer Arbeitstag
Ein typischer Arbeitstag während eines Rennwochenendes ist immer lang und intensiv. „Der Tag beginnt meist sehr früh und endet durchaus auch mal spät.“ Die Vor- und Nachbereitung der Sessions, das Setup der Fahrzeuge, das Entlüften der Bremsen und die Sauberkeit des Autos nehmen viel Zeit in Anspruch. Besonders wichtig sind auch die Pitstop-Übungen, bei denen Präzision und Schnelligkeit gefragt sind. „Alles muss perfekt sein – das ist unser Anspruch.“ Dabei sind es die unterschiedlichen Herausforderungen im Motorsport, die den jungen Motorsportliebhaber besonders reizen.
Nach seiner Ausbildung bei Frikadelli Racing blieb er noch bis 2021 als Geselle im Team, bevor er sich dazu entschloss, mehr Erfahrungen zu sammeln und sich in der Motorsport-Welt weiterzuentwi- ckeln. Seine Arbeit mit verschiedenen Fahrzeugen, darunter auch Projekte mit Lamborghini, zeigt seine Vielseitigkeit und Lernbereitschaft. „Jedes Auto hat seinen eigenen Charakter und als Mechaniker muss man sich daran gewöhnen.“
Horrorunfall in Hockenheim
Für Niklas ist der Motosport mit vielen Herausforderungen und Emotionen verbunden. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm ein Unfall von seinem Piloten Dennis Olsen. „Aus emotionaler Sicht war diese Situation gerade in den ersten Momenten sehr schwierig!“ Damit spielt er auf den spektakulären Unfall in der Startrunde beim Saisonfinale der DTM in Hockenheim im Oktober 2022 an. Besagter Vorfall ereignete sich, als der österreichische Porsche-Pilot Thomas Preining mit David Schumacher, dem Sohn von Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher, kollidierte. Beide Fahrer rutschten mit hoher Geschwindigkeit in die Streckenbegrenzung. Dieser Zusammenstoß hatte katastrophale Folgen für die dahinterfahrenden Piloten, die nicht mehr ausweichen konnten.
Olsen, der norwegische Porsche-Werksfahrer von Niklas Lynns Team, war einer der am schwersten betroffenen Fahrer. Er kollidierte unverschuldet mit Abt-Audi-Fahrer Ricardo Feller, was zu einem spektakulären und gefährlichen Unfall führte. Bei dem Aufprall wurde der Motor von Olsens Porsche aus dem Chassis gerissen und landete in einem Feuerball auf der Strecke. Die medizinischen Folgen für die beteiligten Fahrer waren erheblich.
Für Niklas Lynn und sein Team war dieser Unfall emotional sehr schwierig. „Man denkt erst an den Fahrer und dann an die Arbeit, aber das ganze Team brennt dafür, das möglich zu machen.“ Diese Erfahrung zeigt die enge Verbindung und den starken Teamgeist, der im Motorsport so wichtig ist. Trotz der intensiven Arbeit und der belastenden Situation blieb das Team motiviert und entschlossen, die Herausforderungen zu meistern und weiterhin bestmögliche Leistungen zu erbringen.
Abschalten in der Heimat
Nach solch harten Momenten hilft es, dass Niklas Lynn ein Eifeler Jung durch und durch ist. Weswegen er, wenn es die Zeit erlaubt, auch in der idyllischen Heimat abschalten kann. „Die heimische Liebe war schon immer sehr stark. Ich bin gerne hier zu Hause, auch wenn es leider aktuell nur wenige Tage sind.“ Aber nicht nur sein Heimatort ist sein Zuhause. Auch der Nürburgring ist sein Wohnzimmer. „Jeder Sieg dort ist etwas Besonderes. Wobei der diesjährige Sieg beim 24-Stunden-Rennen ein emotionaler Höhepunkt für mich und das gesamte Team war.“
Trotz seiner intensiven Bindung zum Motorsport und seiner Leidenschaft für Technik hat Niklas auch andere Perspektiven im Blick. „Bei aller Liebe zum Sport. Der derzeitige Plan ist es, nicht ewig im Motorsport zu bleiben. Tatsächlich muss man irgendwann an die größere Zukunft denken." Diese Aussichten umfassen sein Studium und auch die üblichen familiären Wünsche. Trotzdem ist er offen für verschiedene Karrierewege. Obwohl der Motorsport derzeit einen Großteil seines Lebens ausmacht, hat Niklas klare Vorstellungen: „Ein eigener Betrieb hier in der Eifel ist durchaus eine Perspektive. Aber ich bin auch offen dafür, mir etwas bei einem Hersteller anzuschauen.“
Alles dreht sich um Motorsport
Aber gibt es im Leben des jungen Rheinland-Pfälzers noch was anderes? „Eigentlich nein!“ In seiner Freizeit konzentriert sich Niklas ebenfalls auf den Motorsport. „Es ist wirklich eine gute Frage, was mich sonst noch ausmacht. Tatsächlich nicht viel, weil der Motorsport einen ziemlich packt und die Hobbys dann doch eher gebündelt zum Motorsport gehören.“ SimRacing ist ein Thema für den passionierten Motorradfahrer. Aber vor allem ist aktiver Sport ein wichtiger Teil seines Lebens und gleichzeitig eine Grundvoraussetzung für seine Arbeit. Daher verbringt er auch viel Zeit mit seinen Kollegen im Gym. Gemeinsam fit zu bleiben, fördert aber auch Freundschaften und sorgt für gemeinsame Ausflüge.
Ein guter Freund ist Nico Menzel – etablierter GT3-Rennfahrer und Sohn von Motorsport-Unikum Christian Menzel. Die Jungs kennen sich seit Kindertagen. Menzel beschreibt seinen Kumpel mit tollen Worten: „Er ist einer, der immer 100 Prozent gibt, der immer für einen Spaß zu haben ist. Auch ernste Gespräche oder Geheimnisse sind bei ihm gut aufgehoben. Er hat eine offene Art, geht mit geöffneten Augen durchs Leben. Jemand, auf den man sich immer verlassen kann. Aber auch einer, der Dinge sieht, die andere übersehen und direkt eine Lösung findet. Niklas in einem Satz? Er ist ein richtiger Verbesserer.“
Text und Fotos: Roland Schäfges – www.myfoto24.eu