Das Thema Rentner ist auf unbestimmte Zeit verschoben


Eigentlich wollte sich Wolfgang Mesinger so langsam aus dem Arbeitsleben zurückziehen, aber seine Kunden können nicht loslassen. Und er kann es irgendwie auch nicht. Also hat er sich dazu entschieden, vorerst das Rentnerdasein ruhen zu lassen und sich weiterhin dem zu widmen, was er als „Lebensaufgabe“ bezeichnet.

Als Goldschmiedemeister und Juwelier hat sich Wolfgang Mesinger (mit dem klingenden Zweitnamen Viktor) in Limburg seit Anfang der 90er Jahre einen Namen gemacht. Dass sich der gebürtige Lüneburger, mit Ausbildung in der Edelsteinstadt Idar-Oberstein und späterem Wohn- und Firmensitz in Wiesbaden, überhaupt in der Lahnstadt niedergelassen hat, hatte einen simplen Grund: Er wollte weg aus Hessens Hauptstadt, raus aufs Land. Einem Repräsentanten für Trauringe hatte er es beiläufig mitgeteilt. Der nahm ihn beim Wort- und Mesinger tauschte Wiesbaden gegen Limburg. „Eigentlich bin ich zufrieden, dass sich mein Weg so gestaltet hat“, sinniert der mittlerweile 72-Jährige. In diesen Weg hat er viel Zeit investiert: Hinter dem Goldschmied sollte ein „Meister“ stehen. Und so besuchte er nach der Lehre für weitere eineinhalb Jahre die staatliche Zeichenakademie in Hanau. Doch der Meisterbrief in der Hand war nicht genug. Mesinger blieb ein Suchender, hängte nochmals eineinhalb Jahre dran für die Ausbildung zum Handelsfachwirt, brachte sich als Auktionator ein und stand schließlich bei fachkundigen Fragen als Sachverständiger für Uhren und Schmuckwaren Rede und Antwort.

Wolfgang Mesinger und seine „Lebensaufgabe“: Goldschmiedemeister und Juwelier in Limburg

"Damals gab es keine Traumberufe. Heute bin ich da, wo ich eigentlich immer hinwollte."

Lebensaufgabe statt Rentnerdasein

Dass es mit dem Rentnerdasein nicht so richtig klappen würde, war allen klar – nur nicht dem Vollblutjuwelier. Von seinen ehemals drei Juweliergeschäften hat er nur noch sein jüngstes beibehalten: die 2009 eröffnete „Traumzeit“ in der WerkStadt. Seine „alte“ Kundschaft ist ihm gefolgt und hat ihn sanft zum Weitermachen „gezwungen“. Auch, weil es bei Mesinger immer richtig gemenschelt hat. Denn aus so manchen Begegnungen sind Freundschaften entstanden, die auch heute noch Bestand haben.

„Es gibt Momente, da muss man die Zufriedenheit des Kunden vor den Umsatz stellen“, meint er gelassen. „Man muss nicht dem letzten Cent hinterherlaufen.“ Wichtiger sei es, sich selbst zu finden. Das scheint ihm gelungen zu sein. Denn Mesinger lebt weiter für seine Leidenschaft - als Juwelier und als Goldschmied: „Das ist meine Lebensaufgabe.“

Der etwas andere Steckbrief

Wolfgang Mesinger ist weder schüchtern, noch gehemmt. Er ist auch nicht sonderlich eitel. Nur mit dem Alter will er nicht so recht rausrücken. Irgendwann habe ich ihn soweit, dass er das Geheimnis lüftet. 72 Lenze zählt er. Das mag, je nach Gesichtspunkt des Betrachters, alt oder jung sein. Bei mir kommt er jung rüber. Ein Mann, der mit 50 Jahren Rudern gelernt hat und es heute noch tut, der Mitglied in der Weinbruderschaft St. Katharinen-Oppenheim ist und von sich behaupten kann, ein echter Weißweinkenner zu sein, einer, der nicht gerne verreist, dann aber froh ist, weg zu sein, um sich wieder aufs Zuhause zu freuen. Und einer, der ganz viel zu erzählen hat.

Ach ja, Wolfgang Mesinger liebt gutes Essen, Kümmelbrötchen, Fahrrad fahren und – ganz besonders – Hunde. Ein Traum, den er sich nie erfüllt hat. „Aus Zeitgründen“, wie er sagt. Aber vielleicht ändert sich das ja einmal.

Anekdoten

Juweliere und Goldschmiede können viel, aber nicht alles. Einen Ring mit eingelassenem Stein von Größe 52 auf 68 zu vergrößern, gehört zu den ambitionierteren Aufgaben. „Das klappt problemlos nur bei einfarbigen Ringen ohne Stein“, so der Tipp vom Experten. Mesinger hat diesen Auftrag abgelehnt. Auf die Frage, welche Kette am besten zu einem von Diamanten umrandeten Rubintropfen passt, hat Mesinger eine klare Antwort parat: „Die, die dem Kunden gefällt.“ Und seiner Kundin hatte vor vielen Jahrzehnten eine Perlenkette dazu gefallen. Als sie ihren 90. Geburtstag gefeiert hat, folgte die Einladung prompt mit der Begründung: „Sie gehören doch zur Familie.“

DER GOLDSCHMIED

Der Beruf des Goldschmieds gehört zu den ältesten Handwerksberufen. Voraussetzungen sind eine gewisse Fingerfertigkeit, handwerkliches Geschick und künstlerische Fähigkeiten. Und, nach Goldschmiedemeister Wolfgang Mesinger, Geduld. „In der Ruhe liegt die Kraft“, lacht er wissend und erzählt aus seinen Jugendjahren: „Das Fahrrad schmeißt man nur einmal vor Wut in die Ecke, wenn es mit dem Reparieren nicht klappt. Danach stellt man fest, dass sich die Arbeit verdoppelt hat.“

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Text: Edith Billigmann | Fotos: Julian Wolf