Achim Lohner: BACKEN IST SEINE LEIDENSCHAFT


Vom Bäckergesellen zum Unternehmer – Achim Lohner erzählt, wie aus der elterlichen Kleinbäckerei in Cochem das Großunternehmen in Polch entstanden ist

Backen ist eine Wissenschaft für sich. Und die hat Achim Lohner in frühester Jugend für sich entdeckt. Aufgewachsen im schönen Moselort Cochem, war er schon als Kind mit dem Bäckerhandwerk seines Vaters vertraut. Nach dessen plötzlichen Tod musste der damals 28-Jährige unerwartet die ganze Verantwortung für Familie und Betrieb übernehmen. „Das habe ich niemals bereut“, sagt der heute 72-Jährige, der aus dem ehemaligen 8-Mann-Betrieb das Großunternehmen „Die Lohner‘s“ mit 2000 Mitarbeitern geschaffen hat.

Zurzeit zählt das Unternehmen mit Sitz in Polch 165 Filialen. Doch das könnten schon Zahlen von gestern sein, denn Lohner’s expandiert kontinuierlich. Und das auch nach dem angekündigten Rückzug des Ehepaares Achim und Ellen Lohner aus dem operativen Bereich. Klappt das? „Ja“, antworten beide zeitgleich. „Mit einer guten Unternehmensführung und einem eingefleischten und motivierten Team.“ Kann man dann als Unternehmensgründer sich auch mal im Urlaub und in der Freizeit zurücknehmen? „Ja“, sagt Achim. „Nein“, meint Ellen und lacht.
Beide stehen dem vor einem Jahr gegründeten Stiftungsrat vor. Die Stiftung, in die der Betrieb mitsamt Immobilie übergegangen ist, hat als vornehmliches Ziel die Erhaltung der Arbeitsplätze und des Betriebes. „Mit etwas Abstand sieht man mehr und kann entsprechend anregen und zur Gestaltung weitergeben“, sagt Achim Lohner. Dabei kann das „etwas mehr sehen“ auch ganz konkret ausfallen.

Herr Lohner, so ganz genau nehmen Sie die Trennung zwischen Freizeit und Arbeit nicht. Man munkelt, dass Sie ab und zu „verkleidet“ in den Filialen vorstellig werden.
Achim Lohner (lacht): "Das stimmt. Ich treffe mich regelmäßig mit meinen Motorradfreunden zum gemeinsamen Ausflug. Manchmal steuern wir auch eine Filiale an. Wenn ich mich dann in meiner Motorradkluft hinter die Verkaufstheke begebe, werde ich natürlich nicht sofort erkannt und sorge dadurch immer wieder für große Aufregung. Denn hinter die Theke darf nur der Chef."
Ellen Lohner: "Wir fahren aber auch „unverkleidet“ regelmäßig zu den neuen Filialen und schauen, ob alles rund läuft. Das habe ich so beibehalten - nur mit dem Unterschied, dass mich mein Mann jetzt begleitet."
Mit seinem Rückzug aus dem operativen Geschäft ist es zwar ruhiger um Achim Lohner geworden, aber noch lange nicht ruhig. Denn Lohner will mit seinem Unternehmen nicht abgehängt werden, auch nicht mit 72.
„Man muss ständig mit der Zeit gehen“, sagt er und verweist auf die Herausforderungen am Arbeitsmarkt, aber auch im Bereich der Digitalisierung.

Was würden Sie als markanteste Entwicklung oder tiefsten Einschnitt der letzten Jahre bezeichnen?
Achim Lohner: "Drei Entwicklungen haben die Bäckerbetriebe gravierend geprägt: vor 30 Jahren die Filialisierung im großen Stil und die dabei geschlossenen Kooperationen mit dem Einzelhandel, dann vor 20 Jahren die zunehmende Aufwertung des Snackbereichs. Hier sind die Bäcker in Deutschland sehr innovativ aufgestellt und auf einem guten Weg. Und als Drittes natürlich die Digitalisierung, die betriebliche Abläufe vereinfacht, aber auch bessere Planungen in den Filialen ermöglicht hat."

Wie digital ist Ihr Unternehmen aufgestellt?
Achim Lohner: "Wir sind mit einer sehr modernen EDV ausgestattet und sind natürlich mit allen Filialen zentral vernetzt. Völlig automatisiert werden Bestellungen abgerufen, in den Versand weitergeleitet und der jeweiligen Filiale zugeordnet. Lieferscheine werden automatisch gedruckt, selbst die Mengen fürs Backen werden digital berechnet. Das Programm verwaltet aber auch die Arbeitszeit der Mitarbeiter in den Filialen und die Lohnabrechnungen."

Sind Sie ein Kontrollfreak?
Ellen Lohner (antwortet spontan für ihren Mann): "Mit Sicherheit nicht, aber Achim hat eine sehr klare Denkweise, ist sehr vorausschauend. Die digitalisierten Programme kommen ihm da unbedingt entgegen, weil man damit einfach schneller kalkulieren und damit Arbeitsabläufe optimieren kann."
Achim Lohner: "Wenn man einen Job gelernt hat, kann man auch beurteilen, was man kann. Die Digitalisierung ersetzt ja nicht das Denken, sondern hilft, einen Betrieb ökonomischer zu führen. Und das ist ganz wichtig in unserer heutigen schnelllebigen Zeit."
Als Vater Josef 1976 verstarb, musste sein Sohn 800.000 Mark (heute etwa 400.000 Euro) Schulden übernehmen. Mehr als 50 Prozent des Umsatzes ging an Zinsen weg. „Es war eigentlich ein unmögliches Unterfangen“, gibt Lohner heute zu. Hätte ein regionales Kreditinstitut nicht an ihn geglaubt, würde es ihn heute in dieser Größenordnung nicht geben, ist er sich sicher. Im Leben gehe man immer zwei Schritte vor und einen zurück.

Man sieht Sie häufig auf öffentlichen Veranstaltungen, zuletzt an der Berufsbildenden Schule in Bernkastel-Kues. Haben Sie für junge Leute eine Botschaft?
Achim Lohner: "Man muss an sich glauben. Und man muss seinen Job gerne machen. Dann ist die Arbeit das Hobby und die viele Zeit, die man investiert, nicht so wichtig. Für mich gibt es keine Krisen, sondern nur Herausforderungen, die einen voranbringen. Vor einer solchen stand ich nach den ersten Filialeröffnungen und der Übernahme einer Mayener Großbäckerei. Denn der Ausbau des Stammhauses und der Umzug nach Hambuch hatten nicht ausgereicht, um die Produktion ausreichend zu vergrößern. Also habe ich in Polch Mitte der 90-er Jahre ein 50.000 m²-Grundstück gekauft… und mich dann gefragt: Was machst Du da eigentlich?"

Aus der 5500 m² großen Backstube ist mittlerweile die Großbäckerei „Die Lohner‘s“ auf einer Fläche von 12.000 m² geworden mit einem Gesamtumsatz von mehr als 100 Millionen Euro (1976 beliefen sich die Zahlen auf 76.210 D-Mark, in Euro umgerechnet etwa die Hälfte).

Was verstehen Sie unter Freizeit und Entspannung?
Achim Lohner: "Gemeinsames Backen mit meiner Frau, Motorradfahren mit Freunden, Spaziergänge mit dem Hund und Arbeiten am Gartenteich bei 40 Kois, Abtauchen inklusive. Und natürlich Reisen."
Da ist Achim Lohner dann auch „handyfrei“ - im Unterschied zu seiner Ehefrau Ellen. „Mentalitätssache“, meint sie, zollt aber ihrem Achim Respekt, dass er es geschafft hat, sich im Urlaub so konsequent vom Betrieb abzunabeln. Jeden Dienstag schwingt sich Achim Lohner auf seine BMW R100R und macht mit Freunden aus Cochem und Polch die Gegend, manchmal auch die Filialen, unsicher. Die Liebe zu Schäferhündin Malou (2) teilt er mit seiner Frau. „Wir waren drei Monate ohne ein Haustier“, sagt Ellen und ist überzeugt, dass das eindeutig zu lange gewesen sei. Zum ganzen Glück fehlt jetzt nur noch eine Katze. „Schon in Planung“, freut sich das Ehepaar im (Un-)Ruhestand.

Interview: Edith Billigmann | Fotos: Edith Billigmann, Peter Seydel, ©Fotostudio Schwarz Mayen