Lukas Schäfer: DIE GROSSE FREIHEIT AUF ZWEI RÄDERN


Der Limburger Lukas Schäfer gehört zu den besten Freestyle-Mountainbikern der Welt

Ohne Stützräder begann für den kleinen Lukas Schäfer die große Freiheit. Am liebsten eiferte er seinem Vorbild, Vater Stefan, nach. Wenn der auf dem Hinterrad fuhr, machte das auf den 5-Jährigen mächtig Eindruck. Seine Helden wurden die Freestyle-Mountainbiker, die er nur aus Filmen kannte. So wie sie wollte er werden. Doch Lukas hat weit mehr geschafft. Als Profi-Freestyler tritt der 24-Jährige mittlerweile gegen die besten Fahrer der Welt an.

Seinen größten Durchbruch feierte er 2018 in München. Dort war er gegen internationale Gegner angetreten und hatte sich Platz 1 gesichert - und damit einen Startplatz für das weltweit größte Medien-Event in Birkenfeld. Mit seinem Sieg in der Kategorie „Best Style“ hatte er für internationale Aufmerksamkeit gesorgt. Einladungen zu weltweiten Wettkämpfen folgten - und Lukas traf eine Entscheidung, die sein Leben verändern sollte: Seit Mai 2019 hat er Freestyle Mountainbiken zu seinem Hauptberuf erklärt. „Ich mache jetzt das, was ich immer wollte“, sagt er zufrieden.

Auf zwei Rädern durch die Kindheit

Seine Leidenschaft fürs Fahrradfahren ist tief in Lukas verwurzelt. Selbst die Bemühungen der Eltern, ihn sportlich mal auf alternative (Fußball-)Füße zu stellen, scheiterten. Ein Glücksfall für ihn: Die Stadt Limburg hatte in der Nähe der Berufsschule auf einem Übungsgelände eine Strecke mit Hindernissen eingerichtet und den ambitionierten Freestylern zur Verfügung gestellt. Die Weichen waren gestellt. „Es wurde der größte Teil meiner Freizeit“, schmunzelt Lukas. An Wettbewerbe hatte er aber bis dato keinen Gedanken verloren. Das sollte sich 2008 ändern.

Zum 13. Geburtstag überraschten ihn seine Eltern mit einem besonderen Geschenk. Gemeinsam mit 50 deutschen Mountainbikern durfte er in den Skaterpark nach Barcelona reisen und dort mit seinen großen Vorbildern fahren. Sie wurden sein erklärtes Ziel.

Doch zunächst einmal galt das Augenmerk seiner beruflichen Laufbahn. Dem Radsport treu, absolvierte er eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker in Bad Camberg. Zeitgleich nahm er an seinem ersten Wettkampf in Koblenz teil. Und gewann auf Anhieb in zwei Disziplinen. Kleinere Wettbewerbe folgten, viele davon mit Podiumsplatzierungen. Doch Lukas wollte mehr. Um alles unter einen Hut zu bekommen, entschloss er sich, Teilzeit zu arbeiten. Beim ersten internationalen Wettbewerb in Schweden landet er auf Platz 3. Mit dem Erfolg stellen sich auch die ersten Sponsorenanfragen ein, die Medien werden auf ihn aufmerksam. Für ein Magazin liefert er eine Fotostory aus Marrakesch. Sein Leben dreht sich zunehmend ausschließlich um den Sport. Ihn zum Hauptberuf zu machen, ist nur konsequent.

Kopf und Kragen
Von größeren Verletzungen sei er zum Glück verschont geblieben, sagt Lukas. „Lediglich“ einen Halswirbelbruch, eine Schultereckgelenkssprengung und eine Gehirnerschütterung habe er mal davongetragen. „Das kann passieren, wenn man aus sechs Metern Höhe fällt“, meint er und fügt hinzu: „Das Risiko fährt immer mit und ist ein wichtiger Bestandteil. Der Respekt vor der Gefahr lässt uns umso fokussierter Höchstleistungen bringen. Fehler können dennoch passieren, aber wie in den meisten Freestyle Sportarten können wir eben selbst entscheiden, wie weit wir gehen.“ Das lerne man mit der Zeit. Und noch etwas stelle sich ein: die Fähigkeit, sein Fahrrad fühlen zu können. Und das ist wichtig, wenn es in den Wettbewerb geht. Denn eine Distanz von 20 Metern (von der Absprungrampe bis zum Landepunkt) und eine Höhe von bis zu 8 Metern erfordert höchste Konzentration. „Beim Wettkampf geht es nicht um eine perfekte Kür“, erklärt Lukas, „sondern darum, sein fahrerisches Können in einer kreativen Art und Weise zu zeigen.“ Das kann dann ein Backflip (Rückwärtssalto) sein, kombiniert mit freihändig Fahren und Lenkerdrehen oder mit 360°-Seitwärtsrotation.
Verletzungsfrei geerdet wird Lukas, wenn er wieder nach Hause kommt. Denn dort warten Freundin Sarah und die englische Bulldogge Foxy auf ihn. Sarah hat er im Übrigen auf der Eurobike in Friedrichshafen kennengelernt – wie könnte es anders sein.

Text: Edith Billigmann; Fotos: Edith Billigmann, Florian Breitenberger, Marcus Fischer, Oscar Tepelmann