Mit Beschluss vom 13.09.2022 (Aktenzeichen 1 ABR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System zu betreiben, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Das Bundesarbeitsgericht leitet diese Pflicht aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (Arb-SchG) her. Sofern ein solches System noch nicht existiert, muss es eingeführt werden. Gemäß § 3 Abs. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Der Arbeitgeber hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten anzustreben.
Gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 hat der Arbeitgeber zur Planung und Durchführung der Maßnahmen nach Absatz 1 unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Aus diesen Bestimmungen leitet das Bundesarbeitsgericht nunmehr die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung bzw. Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems her. Die Folgen dieser Entscheidung sind derzeit noch nicht absehbar.
Mit Urteil vom 04.05.2022 hat ein anderer Senat des Bundesarbeitsgerichts noch entschieden, dass das Fehlen eines Systems zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit im Betrieb nicht dazu führt, dass sich zu Lasten des Arbeitgebers etwas an der Darlegungs- und Beweislast in Überstundenprozessen ändert. Der Arbeitnehmer sei auch in diesem Fall nach wie vor verpflichtet, darzulegen, von wann bis wann er gearbeitet und welche Tätigkeiten er verrichtet hat (BAG, Urteil vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21). Ob sich durch die Entscheidung des 1. Senats vom 13.09.2022 hieran etwas
ändert, bleibt abzuwarten. Da der 1. Senat die Verpflichtung zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems ausdrücklich aus 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG herleitet, sind Verstöße gegen diese Vorgabe nach vorläufiger Einschätzung nicht bußgeldbewehrt. Denn während das Arbeitszeitgesetz in § 22 vielfältige Bußgeldtatbestände regelt, sanktioniert das Arbeitsschutzgesetz in § 25 nur denjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässig - einer Rechtsverordnung nach § 18 Abs. 1 oder § 19 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist, oder - als Arbeitgeber oder als verantwortliche Person einer vollziehbaren Anordnung nach § 22 Abs. 3 oder als Beschäftigter einer vollziehbaren Anordnung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 zuwiderhandelt. Ein Bußgeld aufgrund etwaiger Verstöße gegen § 3 sieht das ArbSchG nicht vor.
Verpflichtung zur ARBEITSZEITERFASSUNG
ARBEITGEBER AUFGEPASST: Verpflichtung zur ARBEITSZEITERFASSUNG